Ein neues Abkommen zum Schutz
der biologischen Vielfalt
Liebe Leserinnen und Leser,
bei internationalen Verhandlungsprozessen kommen oft Analogien zu den alten griechischen Sagengestalten auf. Je näher die alles entscheidende Vertragsstaatenkonferenz rückt, desto mehr Heldengestalten betreten die Bühne, die mit Kraft wie Herkules und List wie Odysseus den Kampf gegen die übermächtigen Gegner aufnehmen. Wenn die Schlacht geschlagen ist, gehen die Helden ihrer Wege und an ihrer Stelle tritt Sisyphos auf den Plan. Aus dem vermeintlichen Durchbruch in der Schlacht werden dann langsam aber sicher die Mühen der Ebene, in die die Felsen immer wieder zurückrollen, die Sisyphos in die Höhe wuchten will. Nun drängt sich die Frage auf, war der Erfolg überhaupt ein Erfolg?
Am 19. Dezember 2022 wurde im kanadischen Montreal nach mehr als vierjährigen Verhandlungen
der Globale Biodiversitätsrahmen von Kunming-Montreal verabschiedet – ein neues Abkommen zum Schutz der biologischen Vielfalt. Der Verhandlungserfolg kam in letzter Minute und wurde vielfach als Durchbruch gefeiert. Doch gleichzeitig gibt es die Sorge, dass die Umsetzung des Abkommens ebenso schleppend erfolgen wird wie bei seinem Vorgänger. Zudem teilen nicht alle die Begeisterung – insbesondere aus dem Globalen Süden wird auch Kritik an dem Abkommen laut. Der Rundbrief gibt
den verschiedenen Perspektiven Raum, ihre Position darzulegen. Er befasst sich mit dem Inhalt des
Abkommens und seiner Umsetzung. Â Er untersucht die alles andere als konfliktfreie Wechselwirkung
zwischen Biodiversitätsschutz und wirtschaftlicher Entwicklung. Und neben scheinbar unauflösbaren
Widersprüchen schaut er auf hoffnungsbringende Erfolgsbeispiele.
Eine wie immer spannende Lektüre wünscht
Jürgen Maier
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Schwerpunkt
Der globale Biodiversitätsrahmen von Kunming-Montreal
Von der Einigung zum Handeln
Dr. David Cooper
Zum ewigen Nischenthema verdammt?!
Schutz der Biodiversität trotz Inflation, Krieg in der Ukraine und Energiekrise
Christian Schwarzer
Beschlossene Sache
Was muss ich Deutschland geschehen, um das neue Weltnaturabkommen umzusetzen?
Friedrich Wulf und Georg Schwede
Die neue Nationale Biodiversitätsstrategie Deutschlands
Ein Umsetzungsinstrument mit Erfolgsaussichten?
Dr. Axel Paulsch
Ein globales Abkommen mit offener Rechnung?!
Die Finanzierung des KMGBF ist zwar beschlossen, aber noch nicht sicher
Florian Titze
Biodiversitätsziele sind ohne Gerechtigkeit nicht zu erreichen
Eine Bewertung des KMGBF aus der Perspektive des Südens
Lim Li Ching und Lim Li Lin
Die Perspektive der handwerklichen Fischerei in Afrika auf Meeresschutz und Ernährungssicherheit
Rede beim COMFAHAT-Symposium, 9. und 10. Mai 2023
Gaoussou Gueye und Francisco Mari
Lulas Wahlsieg als Sieg für die Umwelt: Ist das wirklich so?
Kurzbilanz des ersten Halbjahres der Regierung Lula in den Bereichen Umwelt und Entwicklung des Landes mit der höchsten Biodiversität weltweit
Brenda Izidio
Vom Recht auf Natur zu den Rechten der Natur
Internationale Anerkennung der Natur als Rechtssubjekt für die Erhaltung der Biodiversität
Almudena Abascal
Vielfalt bewahren ohne synthetische Biologie
Überlegungen zum Cartagena-Protokoll und dem neuen Biodiversitätsrahmen von Kunming-Montreal
Barbara Couto Pilz und Naomi Kosmehl
ICARUS ist abgestürzt
Naturschutzarbeit mit russischer Zivilgesellschaft unter Kriegsbedingungen
Thomas Tennhardt und Dr. Christoph Zöckler
Aktuelles
Vom Weltwirtschaftsgipfel zum Gipfel der Selbstgerechten
Wie der “Club des alten Westens” seine selbst behauptete Deutungshoheit verlor
Jürgen Maier
Globalisierung am Ende?
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Nelly Grotefendt
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Jürgen Maier
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Wolfgang Obenland