Seit heute wird eine gewisse Unruhe auf der Konferenz spürbar, sowohl im Inneren wie auch Außen vor den Verhandlungshallen. Das Gerücht über eine mögliche Verlängerung der Konferenz macht die Runde und zudem scheint es, dass die Dinge jetzt erst richtig Fahrt aufnehmen. Insbesondere ist dies darauf zurückzuführen, dass manche Akteure nun mit den wichtigsten Verhandlungsführern (allen voran Indien) anwesend sind und insbesondere die Verhandlungen zu Landwirtschaft und Fischerei jetzt richtig ans Eingemachte gehen können. Doch während die Verhandlungen in vollem Gange sind und die Hoffnung auf Verhandlungserfolge besteht, brodelt es gleichzeitig gewaltig am Rande der Konferenz beziehungsweise vor den Hallen der Verhandler. Die anwesende Zivilgesellschaft zeigt sich ob der aktuellen Lage vor Ort verunsichert. Nie zuvor war eine Ministerkonferenz so restriktiv mit Beteiligungsformaten der Zivilgesellschaft durchgeführt worden. Stimmen, die einen Abbruch der Konferenz fordern und die schwindende Legitimität des Forums in Frage stellen, werden lauter.
Morgen wird sich zeigen, ob es weitere Verhandlungstage braucht, denn neben der Abschlusserklärung wollen vor allem Industrieländer unbedingt das Moratorium zu E-Commerce verlängern. Die Forderung nach einer vorübergehenden Aussetzung von Zöllen und Steuern auf elektronische Transaktionen hat sowohl Befürworter als auch Kritiker. Während Befürworter argumentieren, dass ein Moratorium Innovation und Wachstum fördern würde, sehen Kritiker die Gefahr von Wettbewerbsverzerrungen und Steuerausfällen für nationale Regierungen.
Die deutsche Delegation zeigt sich weiter optimistisch, dass Kompromisse befunden werden können. Ob das allerdings bei einem anderen Kernthema der WTO, dem Streitschlichtungsmechanismus, möglich sein wird bleibt offen. Die aktuelle Lösung zielt darauf ab, Lücken zu schließen, die durch das Versagen des bisherigen Streitschlichtungsmechanismus entstanden sind. Sie soll temporäre Maßnahmen zur Beilegung von Streitigkeiten bereitstellt, damit auch in Zeiten der Blockade Mitglieder weiterhin auf eine Form der Streitschlichtung zurückgreifen können.