Die überraschend für den September geplante Bundestagswahl hat so manchen Terminkalender durcheinandergewirbelt. Allerdings wird sich an den zentralen Großereignissen der internationalen Umwelt- und Entwicklungspolitik nichts ändern. Mitte September, also möglicherweise kurz vor der Bundestagswahl, findet der UN-Sondergipfel zu den Millenniums-Entwicklungszielen statt, und im Dezember die WTO-Ministerkonferenz in Hongkong. Wasser ist in beiden Fällen ein Thema, das für reichlich Konfliktstoff sorgt. Wie kaum ein anderes Thema ist es die Frage der Privatisierung oder Privatsektorbeteiligung an der Wasserversorgung, um die sich globalisierungskritische Bewegungen kristallisieren. In Bolivien, wo vor einigen Jahren in Cochabamba bereits Massenproteste den amerikanischen Bechtel-Konzern zum Rückzug aus der Wasserversorgung zwangen, stehen heute die GTZ und der französiche Suez-Konzern in der Kritik. Mit einigen Beiträgen dazu wollen wir Ihnen ermöglichen, die Situation besser zu verstehen. Auf Seiten der Nichtregierungsorganisationen gibt es inzwischen eine Initiative, mit einer globalen Wasserkonvention das Recht auf Wasser voranzubringen. Ob der »rights-based approach«, wie ihn die NGOs bei der diesjährigen CSD vertraten, und eine Konvention allerdings die Umsetzung der hochstrebenden Ziele des UN-Millenniumsgipfels und des Johannesburger Gipfels voranbringen, bleibt noch abzuwarten: die Zahl der Menschen zu halbieren, die keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser und zu sanitärer Versorgung haben, ist eben weder mit einer Konvention noch mit einfach nur mehr Entwicklungshilfemitteln alleine realisierbar. Klar ist aber, dass der im Mainstream der internationalen Politik zurzeit favorisierte Ansatz der Privatsektorbeteiligung auf massive gesellschaftliche Widerstände stößt. Auch bei uns: die Aktion Schutzdeich, die in diesem Heft vorgestellt wird, ist eine in dieser Form durchaus nicht alltägliche Kooperation zwischen unterschiedlichsten Akteuren, die sich durchaus als Teil einer internationalen Bewegung für das öffentliche Gut Wasser verstehen. Auch für die im Dezember anstehende WTO-Ministerkonferenz ist das Wasser-Thema ein Kristallisationspunkt: indirekt steht es für viele Menschen dafür, ob ökologische und soziale Belange völlig unter die Räder des Freihandels geraten und ob »nachhaltige Entwicklung« überhaupt noch etwas bedeutet. Im Rahmen der Globalen Aktionswoche für einen gerechten Welthandel im April haben jedenfalls Millionen Menschen weltweit gezeigt, dass der Druck auf die WTO nicht nachgelassen hat. Auch in Deutschland wird die Welthandelskampagne »Gerechtigkeit Jetzt!« weiter Druck machen, dass EU und Bundesregierung ihren Kurs in diese Richtung korrigieren.
Jürgen Maier
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