Die Organisationen, die sich aus zivilgesellschaftlicher Perspektive weltweit im UN SAICM Prozess und auch darüber hinaus für eine giftfreie Welt einsetzen, sind eine kleine, aber feine und insbesondere gut vernetzte Gruppe engagierter, der Sache verpflichteter Menschen. Über alle Ländergrenzen und Sprachen hinweg arbeiten sie gemeinsam an politischen Positionen, reisen wenn möglich zu internationalen Verhandlungen, arbeiten aber auch auf lokaler und regionaler Ebene mit den Menschen vor Ort daran, ihre Umwelt von gefährlichen Chemikalien zu befreien und das Leben für sie und ihre Kinder sicherer und gesünder zu machen.
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Das Netzwerk, in dem NGOs aus der ganzen Welt miteinander zusammenarbeiten, heißt IPEN (International POPs Elimination Network – POPs steht übrigens für Persistent Organic Pollutants). In der 1998 gegründeten NGO sind mittlerweile über 500 Organisationen aus mehr als 100 Ländern Mitglied. Der Großteil der Aktiven kommt aus Ländern des Globalen Südens. Zu den Hauptzielen von IPEN gehören der Schutz von Frauen und Kindern vor giftigen Chemikalien, die Reduktion und Beseitigung der gefährlichsten Chemikalien, das Verschwinden von Blei aus Farben und die Verringerung der Quecksilberbelastung. Außerdem fordern die unter dem Dach von IPEN organisierten Organisationen, dass der private Sektor über Chemikalien in Produkten, die wir kaufen, informiert. Darüber hinaus wird das Konzept der Agrarökologie genauso propagiert wie die Herstellung giftfreier Elektrogeräte. Seit 2006 ist auch das Forum Umwelt und Entwicklung bei IPEN Mitglied. Die 4 Schwerpunktbereiche von IPEN sind:
- Reduzierung und Eliminierung der weltweit gefährlichsten Chemikalien
- Förderung stärkerer internationaler Standards zu Chemikalien
- Eindämmung der Ausbreitung giftiger Metalle
- Aufbau einer globalen, giftfreien Bewegung
Da SAICM eine sogenannte „Multi-Stakeholder-Plattform“ ist, sitzt die Zivilgesellschaft, ebenso wie die Industrie, die Wissenschaft und andere relevante Akteure mit am Diskussionstisch und hat auch Stimmrecht bei den Verhandlungen um eine Neuauflage des Strategischen Ansatzes nach 2020. Aus diesem Grund ist es besonders wichtig, dass wir uns als dem Wohlergehen der Menschen und dem Schutz der Natur verpflichtete Organisationen für genau diese Belange einsetzen.
In Deutschland arbeiten der BUND, Hej!-Support, PAN Germany und WECF aktiv zum SAICM Prozess. Greenpeace, CHEMTrust, Healthcare Without Harm und der Deutsche Naturschutzring verfolgen den Prozess bisher noch indirekt. Einige konzentrieren sich auch mehr auf die Europäische Chemikalienverordnung REACH.
Zur Position der Bundesregierung zu den Verhandlungen über SAICM aus 2018 haben sich ein paar der oben genannten Organisationen in einer gemeinsamen Kommentierung geäußert. Einige der Kritikpunkte der NGOs daraus sind im Folgenden kurz zusammengefasst (Achtung, es wird etwas technisch):
- In der deutschen Position von 2018 fehlt ein klares Bekenntnis zum übergeordneten Ziel des Schutzes der Umwelt und Gesundheit vor wirtschaftlichen Zielen sowie der Vermeidung und Minimierung des Einsatzes von Chemikalien vor der nachhaltigen Nutzung.
- Das Leitbild der nachhaltigen Chemie ist unzureichend definiert. Es fehlen Leitplanken, um sicher zu gehen, dass kein Greenwashing (insbesondere von Industrieseite) betrieben wird.
- Es fehlt die Zusage, nicht-chemische Alternativen vor nachhaltiger Chemie zu priorisieren.
- Aktivitäten von Staaten sollten einer Evaluierung unterzogen werden und wenn möglich auch rechtlich bindende Elemente Teil von SAICM werden.
- Strategische Ziele und Unterziele sollten ambitioniert und mit konkreten Umsetzungsmechanismen ausgestattet sein.
- Es muss klare Richtlinien für die Partnerschaften geben, um sicher zu gehen, dass die Ziele der Partner den SAICM Zielen nicht entgegenstehen.
- Der Umfang von SAICM sollte um die Bereiche Menschenrechte, Arbeit, Gender und Landwirtschaft/Ernährung erweitert werden.
In einfachen Worten lässt sich zusammenfassen:Wir schauen uns die Textvorschläge ganz genau an und fordern, dass sich auch in dem Strategischen Ansatz am Ende niedergeschrieben wiederfindet, dass die Gesundheit der Menschen und der Schutz der Umwelt vor wirtschaftlichen Interessen stehen muss, dass ein Abkommen so verbindlich wie möglich sein soll und konkrete Pläne vorgelegt werden müssen, wie das Ganze auch wirklich umgesetzt werden kann. Wir fordern, dass die Unterstützung, insbesondere von Ländern des Globalen Südens, durch Partnerschaften mit anderen Akteuren so transparent gestaltet sein muss, dass sichergestellt werden kann, dass es dahinter keine versteckten Interessen gibt, die den Menschen oder der Umwelt schaden. Und vor allem setzen wir uns dafür ein, dass ein zukünftiges SAICM sich auch im Text ganz explizit zu den universellen Menschenrechten und internationalen Arbeitsrechten bekennt.
Die ganze Kommentierung der NGOs zur Position der Bundesregierung ist hier zu finden.
Weitere Kommentierungen von uns deutschen und europäischen NGOs zu SAICM findet ihr hier:
> Kommentierung der Position der EU und ihrer Mitgliedstaaten aus dem Juli 2018
> Stellungnahme deutscher und europäischer NGOs zum Co-Chairs Paper vom Februar 2019 auf Deutsch und Englisch.
Hier noch eine ausführliche Positionierung von IPEN zum letzten internationalen Verhandlungstreffen OEWG3 (auf Englisch).
Kommendes Blog-Thema:
> Chemikalien und Gender – SAICM geschlechtergerecht gestalten