Pressemitteilung
27.09.2022
Referenten-Entwurf: NGOs begrüßen Verschärfungen des Kartellrechts
BMWK legt Referenten-Entwurf vor / Politik darf der Industrie-Lobby nicht nachgeben
Nichtregierungsorganisationen begrüßen die geplanten Verschärfungen des Kartellrechts, insbesondere die Möglichkeit, Unternehmen zu entflechten. Angesichts der Konzentration ökonomischer Macht und von außergewöhnlich hohen Unternehmensgewinnen ist es richtig, dem Kartellamt mehr Befugnisse zu geben.
Das Wirtschaftsministerium plant, dass das Bundeskartellamt nach einer sogenannten Sektoruntersuchung den Verkauf von Unternehmensteilen anordnen kann. “Kartellbehörden müssen in schwerwiegenden Fällen übermächtige Konzerne entflechten, das heißt aufspalten können. Denn die Konzentration von wirtschaftlicher Macht schadet der Demokratie, der Gesellschaft und auch der Wirtschaft. Wenn wenige Konzerne Märkte kontrollieren, können sich diese einseitig ökonomische Vorteile verschaffen, die Politik in ihrem Sinne beeinflussen und soziale und ökologische Kosten auf die Gesellschaft abwälzen. Das muss verhindert werden”, so Nelly Grotefendt vom Forum Umwelt und Entwicklung für die Initiative ‚Konzernmacht beschränken’.
Die Vorschläge des BMWK sehen auch vor, dass bei Wettbewerbsverstößen wirtschaftliche Vorteile leichter abgeschöpft werden können. “Das kann ein Baustein sein, um Übergewinne abzuschöpfen und um von vornherein abschreckend zu wirken. Zugleich ersetzt dies nicht eine umfassendere steuerpolitische Lösung, etwa durch eine Übergewinnsteuer”, so Franziska Humbert, Expertin für Wirtschaft und Menschenrechte bei Oxfam Deutschland.
Wichtig sei nun, dass die Politik Kurs hält und sich nicht von den Gegenreaktionen von Großunternehmen und nahestehenden Wirtschaftsverbänden wie dem BDI beeindrucken lässt. “Gute Wirtschaftspolitik heißt nicht, primär die Interessen der großen Unternehmen im Blick zu haben, sondern das Gemeinwohl und die Gesamtstruktur der Wirtschaft”, erklärt Max Bank von LobbyControl. “Das Jammern des BDI ist unangebracht. Die Unterbindung von Monopolmacht über das Kartellrecht stärkt die Innovationskraft der Wirtschaft in Zeiten der Transformation.”
Nach den Vorstellungen der NGOs sollte die Bundesregierung noch weiter gehen. Sie sollte die Ausnahme streichen, dass eine Entflechtung von Unternehmensteilen nicht möglich sei, deren Übernahme in den letzten fünf Jahren kartellrechtlich genehmigt wurde. Gerade in dynamischen Sektoren und durch die Digitalisierung könne es Fehleinschätzungen bei der Fusionskontrolle geben. Die Möglichkeit der Entflechtung sollte auch in diesen Fällen gegeben sein.
Ein Verfahren für eine missbrauchsunabhängige Entflechtung sei auch ohne Sektoruntersuchung sinnvoll. Auch eine Integration einer Entflechtungsmöglichkeit in Artikel 19(a) über Plattformen mit überragender marktübergreifender Bedeutung wäre denkbar. Generell sollte die Fusionskontrolle weiter gestärkt und die Schwellen für die Annahme einer marktbeherrschenden Stellung gesenkt werden.
Weiteres Material
Webseite der Initiative Konzernmacht beschränken mit Plattform-Papier und weitere Infos: https://www.forumue.de/themen/handel/konzernmacht-initiative/
Pressemitteilung zum Entflechtungsstatement: https://www.lobbycontrol.de/2021/06/politik-muss-die-macht-von-uebermaechtigen-konzernen-beschneiden/
Blog-Artikel dazu: www.lobbycontrol.de/2021/06/die-macht-von-uebermaechtigen-konzernen-beschneiden/
Download der PM
Stellungnahme der Initiative Konzernmacht beschränken