Könnten Handelsverträge dazu beitragen, Umwelt- und Klimaschutz zu stärken? Diese Frage löst bei vielen Menschen große Skepsis aus. So haben Handelsregeln in der Vergangenheit Umweltprobleme eher verstärkt, statt sie zu verbessern oder zu lösen. Egal, ob es sich um die Einschränkung von Umweltschutzmaßnahmen, Handelsstreitigkeiten um die Unterstützung für erneuerbare Energien oder Investorenklagen gegen Umweltschutzbestimmungen handelt – immer wieder hat sich in der Vergangenheit „hartes“ Handelsrecht gegen „weiche“ Umweltregulierungen durchgesetzt. Daran ändern auch die Nachhaltigkeitskapitel in EU Handelsverträgen kaum etwas. Im Gegenteil: durch ihre fehlende Durchsetzbarkeit und vagen Absichtserklärungen sind sie zu einem Symbol des Ungleichgewichts zwischen ökonomischen Interessen und Umweltschutz in Handelsabkommen geworden.
Gleichzeitig ist es unausweichlich, grenzüberschreitende Wirtschaftsaktivitäten stärker zu regulieren. Derzeit stehen bis zu 33 Prozent der globalen CO2-Emissionen, 68 Prozent der weltweiten Rohstoffausbeutung und 30 Prozent des globalen Artenverlusts in Verbindung mit international gehandelten Gütern. Handelsregeln könnten ein wichtiges Instrument sein, diesen Austausch zu regulieren. Dafür ist allerdings eine Kehrtwende in der Handelspolitik notwendig: Statt wie bisher einseitig auf eine möglichst weitreichende Liberalisierung von Handelsbeziehungen zu setzen, müssten Handelsregeln so gestaltet werden, dass sie die Klima- und Umweltfolgen des weltweiten Handels reduzieren. Idealerweise würden solche ökologischen Handelsregeln international ausgehandelt und durch multilaterale Verträge verankert.
Doch derzeit gibt es kaum Aussichten auf grundlegende multilaterale Reformen, etwa der Welthandelsorganisation (WTO). Regeln für internationalen Handel werden immer stärker durch bilaterale Freihandelsverträge festgelegt, insbesondere durch die Europäische Union. Dort setzen die hier vorliegenden Vorschläge an. Sie gehen vom Status quo der heutigen Handelspolitik aus und zeigen ausgehend vom derzeit geltenden internationalen Handelsrechts auf, wie Handelsbeziehungen durch bilaterale Verträge nachhaltiger gestaltet werden könnten.
Die 16 hier präsentierten Vorschläge sind Beispiele dafür, wie internationale Verträge Handelsbeziehungen ökologisch regulieren könnten. Dabei konnten viele für die Bekämpfung der Klimakrise wichtige Themen, wie etwa die Reduktion von internationalen Transportemissionen oder Maßnahmen gegen die fortschreitende Entwaldung, nicht aufgenommen werden. Zudem war es nicht möglich, Vorschläge für die Stärkung sozialer Gerechtigkeit und von Arbeitnehmer*innenrechten systematisch mit zu entwickeln; dies hätte den Rahmen der oben genannten Studie überschritten. Es wurde jedoch versucht, Fragen der globalen Gerechtigkeit und einer Umwelt- und Handelspolitik, die die Interessen des Globalen Südens einbezieht, in die hier präsentierten Vorschläge stets einfließen zulassen. Dass für eine klima- und umweltschonende Zukunft darüber hinaus grundsätzliche Prinzipien und Logiken unseres Handels- und Wirtschaftssystems, wie die Wachstums- und Exportorientierung der Wirtschaft, geändert werden müssen, steht dabei außer Frage –geht aber über die vorliegende Publikation hinaus.