»Nachhaltige Entwicklung« hat ausgedient, jetzt heißt es »Green Economy«. Viele in der NGO-Community haben die Befürchtung, der alte Allerweltsbegriff des Rio-Prozesses mutiert zu einem neuen, der aber auch nicht mehr Profi lschärfe hat als der alte. Immerhin: In der deutschen Tagespolitik scheint der Begriff bereits anzukommen – die Berliner CDU fordert in ihrem Programm für die Abgeordnetenhauswahlen die Neuansiedlungen von Unternehmen aus dem Bereich »Green Economy«. Genauer defi – niert wird allerdings nicht, was unter Green Economy zu verstehen ist. In der Tat gibt es dafür auch keine halbwegs verbindliche Defi nition. Wir wollen mit dem vorliegenden Rundbrief einen Beitrag zu der Diskussion leisten, damit sich zumindest in Deutschland der Nebel um den Begriff etwas lichtet. Schließlich wird bereits im Juni nächsten Jahres der Rio+20-Gipfel mit dem Schwerpunktthema »Green Economy « stattfi nden. Es wird dort sicher nicht möglich sein, Green Economy verbindlich zu defi nieren. Vermutlich wird es höchstens dafür reichen, eine Reihe von Zielen zu formulieren, die eine Green Economy leisten muss – was den Umkehrschluss zulässt, dass eine Economy eben nicht green ist, wenn sie diese Ziele nicht erreicht. Also beispielsweise den Rückgang der Artenvielfalt zu stoppen oder die Treibhausgase um X Prozent zu reduzieren. Bei aller verständlichen Zurückhaltung gegenüber solchen Wortschöpfungen sollten wir die Diskussion um Green Economy dennoch nutzen, um in der aktuellen Fixierung auf Finanz- und Wirtschaftspolitik Präsenz zu zeigen. Man kann auf Dauer nicht mehr ausgeben als man einnimmt. So wie die fi nanzielle Schuldenwirtschaft offensichtlich nicht nachhaltig ist, so wenig kann man das natürliche Kapital der Ressourcen dieser Erde auf Dauer stärker nutzen als das, was nachwächst. Früher oder später zeigt sich, dass so eine Raubbauökonomie eben auch unwirtschaftlich ist. Aus dieser Sackgasse herauszukommen ist nicht einfach, aber notwendiger denn je. Für die Umwelt- und Entwicklungsorganisationen also der richtige Zeitpunkt, dafür zu sorgen, dass Green Economy demnächst auch in den Bundestagswahlprogrammen eine zentrale Rolle einnimmt. Auf den Begriff kommt es dabei weniger an als auf die Substanz.
Jürgen Maier
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