Vom 19.-20. April wird in Berlin bereits zum zweiten Mal der Global Bioeconomy Summit stattfinden. Unterstützt durch das Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft, wird der Gipfel vom Bioökonomierat, einem unabhängigen Beratungsgremium der Bundesregierung, organisiert. Bioökonomie beschreibt die Transformation von einer Erdöl-basierten Marktwirtschaft hin zu einer biologisch basierten Marktwirtschaft, in der fossile Ressourcen durch verschiedene nachwachsende Rohstoffe ersetzt werden sollen. Der Bioökonomierat der Bundesregierung sieht Deutschland in einer Spitzenposition in der Bioökonomie, die vor allem mit technischen Innovationen Umwelt, Klima und Ressourcen schützen sowie die Lebensqualität der Bevölkerung erhöhen soll.
Viele der unter Bioökonomie gefassten Themen und Debatten sind nicht neu und werden von Umwelt- und Entwicklungsverbänden seit Jahrzehnten kritisch begleitet. Gleichzeitig lässt sich in den letzten Jahren ein zunehmendes Interesse von Seiten der Politik erkennen, Bioökonomie als wirtschaftliches Tätigungsfeld zu stärken, wobei noch immer unklar ist, welche Wirtschaftssektoren konkret darunter fallen.
Mit Blick auf das Communiqué des letzten Global Bioeconomy Summit 2015 mit dem Titel “Making Bioeconomy Work for Sustainable Development“ ergeben sich für das Forum Umwelt und Entwicklung einige Fragen, die wir anhand von Zitaten aus dem Communiqué des Bioökonomie-Gipfels 2015 als kritische Begleitung des diesjährigen Bioökonomie-Gipfels in die Diskussion einbringen möchten.
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- Wie wollen die Akteure der Bioökonomie aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft eine sozial und ökologisch nachhaltige Ernährungssicherheit gewährleisten?
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Food security is a fundamental priority, and bioeconomy is only sustainable if the planet’s natural capital is improved. (Communiqué 2015, S. 5)
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Wenngleich „food first“ und „food security“ in zahlreichen Bioökonomiestrategien an erster Stelle stehen, ist die Sicherstellung des Ernährungsprimats im Kontext von Bioökonomie völlig unklar, insbesondere dann, wenn fossile Rohstoffe weitgehend ersetzt werden sollen. Schon jetzt bestehen Nutzungskonflikte mit der Produktion von Agrargütern wie z.B. Biotreibstoffen und Futtermitteln. Zudem werden kleinbäuerliche Agrar-Modelle zunehmend durch agroindustrielle Produktionsweisen transnationaler Unternehmen verdrängt. Heute könnten genügend Lebensmittel für eine 12-Milliarden-Bevölkerung produziert werden. Von 7 Milliarden Menschen leidet aber eine Milliarde Hunger und die Ökosysteme der Erde werden vor allem durch die intensive industrielle Landwirtschaft und den steigenden Verbrauch ihrer Produkte übernutzt. Eine weitere Erhöhung des Verbrauchs und der Produktion bestimmter Pflanzensorten für kommerzielle Bioökonomieprodukte wird diese Konflikte nicht nur im Globalen Süden, sondern zwangsläufig auch in den Industrieländern verstärken. Wie soll mit diesen Widersprüchen umgegangen werden?
- Wie können negative Effekte der Bioökonomie wie eine „Vermaisung der Landschaft“ und andere ökosystem- und biodiversitätsschädliche Monokulturen vermeiden?
Ensuring sustainable production and consumption of natural resources – Bioeconomy development necessitates the sustainable management and use of natural resources, including soil, air, water and biodiversity. (Communiqué 2015, S. 7)
Von einem nachhaltigen Management natürlicher Ressourcen wie Boden, Wasser, Luft und Biodiversität sind wir heute weit entfernt. Es besteht die Gefahr, dass die Flächennutzungsansprüche und Ressourcenbedarfe einer Bioökonomie die Übernutzung der Ökosysteme weiter vorantreiben. Daher sollten bei der Suche nach Lösungsstrategien beispielsweise auch Lehren aus der Debatte um den Anbau von Energiepflanzen für Biokraftstoffe einbezogen werden. Offen lässt das Bioökonomiekonzept, wie der Schutz der Böden und die Bedeutung der Biodiversität für eine nachhaltige  Bioökonomie-Strategie in der Praxis umgesetzt werden können.
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- Wie kann Bioökonomie eine Schlüsselfunktion in einer Kreislaufwirtschaft einnehmen und die bestehenden Hindernisse beim Aufbau einer Kreislaufwirtschaft überwinden?
For bioeconomy to become a key driving force of sustainability transformation in the circular economy, a more systematic, inter-sectoral and international approach is needed. (Communiqué 2015, S. 2)
We thus consider it an important task to align the principles of a sustainable bioeconomy with those of a circular economy. (Communiqué 2015, S. 5)
In einer Kreislaufwirtschaft sollen die eingesetzten Rohstoffe über den Lebenszyklus einer Ware hinaus wieder vollständig in den Produktionsprozess zurückgelangen. Die so entstandenen Stoffkreisläufe könnten auf diese Weise Rohstoffe, Abfall und Emissionen sparen. Auch biologische Rohstoffe sind hierfür geeignet. Allerdings ist eine solche Kreislaufwirtschaft faktisch kaum existent. Noch immer leben die Menschen im globalen Norden, insbesondere in Europa, in einer Wegwerf- und Verbrauchsgesellschaft, in der es wenig ökonomische Anreize und gesetzlichen Regelungen für langlebige und reparierbare Produkte oder eine Kreislaufführung der eingesetzten Rohstoffe gibt. Wie sollen diese Herausforderungen in aktuellen und künftigen Bioökonomiestrategien und -projekten angegangen werden?
- Kann Bioökonomie tatsächlich zu einer Substitution fossiler Rohstoffe führen?
Biomass and biological resources are not yet used and preserved in an optimal way. (Communiqué 2015, S. 2)
Eine nachhaltige Nutzung von Biomasse und anderen biologischen Rohstoffen steht und fällt mit dem politischen Willen, gegen die heutige „Verschwendungswirtschaft“ vorzugehen. Solange Bioökonomie nicht verhindert, dass Ressourcenverschwendung ein einträgliches Geschäft ist und Bioökonomie auch bedeutet, dass zum Beispiel überdimensionierte, kraftstofffressende SUVs im Stadtverkehr eingesetzt werden, auch wenn sie dafür mit Biokraftstoffen getankt wurden, ist an eine Substitution fossiler Rohstoffe nicht zu denken. Ohne einen generell sinkenden Ressourcenverbrauch in den Bereichen Verkehr, Energie und Wärme wird eine ökologisch und sozial nachhaltige Erzeugung von Rohstoffen und Produkten für die Bioökonomie kaum möglich sein. Welche Lösungsstrategien sind angedacht, um dieser Problematik entgegenzutreten?
- Wie kann sichergestellt werden, dass Bioökonomie unterm Strich wirklich zur Reduzierung von Treibhausgasen und zum Schutz des Klimas beiträgt?
New procedures and business models are needed in a circular economy to decouple growth from the exploitation of scarce resources and the emission of greenhouse gases. (Communiqué 2015, S. 6)
Bioökonomie wird als ein zukünftiger Motor für Wirtschaftswachstum verstanden. Gleichzeitig soll mit einer bio-basierten Wirtschaft eine Entkoppelung von Wirtschaftswachstum, Ressourcenverbrauch und CO2-Emissionen erreicht werden. Ein Widerspruch in sich. Im Moment tragen einige bioökonomische Produktionsweisen und Produkte zu den bestehenden, nicht-nachhaltigen Wirtschaftsstrukturen eher bei, als dass sie diese ersetzen. Die Ausbeutung und der Verbrauch knapper Ressourcen verschärft die Emission von Treibhausgasen allerdings  weiter. Zudem existiert im Bereich der Energienutzung bisher keine realistische Treibhausgasberechnung, die die Auswirkungen veränderter Landnutzung in einer Bioökonomie einbeziehen. Welchen Beitrag kann die Bioökonomie zur effektiven Senkung von CO2-Emissionen und zum Klimaschutz beitragen?
- Welche konkreten Lösungsstrategien bietet die Bioökonomie unter Anerkennung der Zielkonflikte zwischen den Geschäftsmodellen vieler privatwirtschaftlicher Unternehmen und einem sozial-ökologisch verträglichen Ressourcenverbrauch – und welche notwendigen Regulierungen ergeben sich daraus?
We note, however, that bioeconomy as such is not inherently sustainable. The pursuit of the above-mentioned grand challenges one by one in singular ways may entail tradeoffs. Food security is a fundamental priority, and bioeconomy is only sustainable if the planet’s natural capital is improved. Bioeconomy should provide solutions for managing resources in a responsible, inclusive and efficient way. (Communiqué 2015, S. 5)
Strengthening the role of businesses – Business is a key stakeholder in and driver of bioeconomy which needs to be integrated in policy planning and strategy building. […] Governments are responsible for creating an enabling environment for biobased businesses. (Communiqué 2015, S. 6)
Die Akteure der Bioökonomie erkennen an, dass die Bioökonomie nicht per se nachhaltig ist und sich dem Primat der Ernährungssicherheit und dem Schutz der Ökosysteme unterordnen muss. Der Einfluss von bestimmten Unternehmen und Unternehmensverbänden auf die Politik ist jedoch bekanntermaßen sehr hoch. Es bleibt unklar, wie trotz der angestrebten Stärkung der Rolle von Unternehmen verhindert werden soll, dass die Interessen –der Wirtschaft gegenüber den Allgemeininteressen noch mehr dominieren. Vor allem die Ärmsten der Armen in den Ländern des globalen Südens benötigen Zugang zu Land als Anbaufläche. Bioökonomie funktioniert aber bisher vor allem großflächig, was den Bedürfnissen von Kleinbäuerinnen und –bauern entgegensteht. Unklar bleibt weiterhin auch, wie innovative und auf Nachhaltigkeit aufbauende kleine und mittelständische Unternehmen in ihrem Beitrag zur Bioökonomie gestärkt werden sollen und besser in Innovationsprozesse einbezogen werden können. Bisher erklären die VertreterInnen der Bioökonomie nicht schlüssig, welche Regulierungen verzichtbar sind oder wie bestehende Ressourcen- und Zielkonflikte politisch gelöst werden können.
- Wie kann verhindert werden, dass die Länder des globalen Südens in der Bioökonomie zu reinen Lieferanten von Biomasse degradiert werden und weder dortige Ökosysteme beschädigt noch Zugangsrechte der lokalen Bevölkerung erschwert werden?
Recognizing that global resources are not evenly distributed, mechanisms should allow for equitable sharing among countries  of resources, skills and infrastructures. This will require the application of appropriate mechanisms to ensure that sustainable livelihoods and employment are developed preferentially in the areas most needed. These mechanisms relate especially to development finance and funding, skills and technology transfer and intellectual property partnerships. Bioeconomy development needs to become better integrated and considered in international policy and trade agendas. (Communiqué 2015, S. 7)
Global support and grant programs are required to encourage alliances in teaching and joint efforts in research, for example in selected global mega-projects. (Communiqué 2015, S.1)
Eine zentrales Problem unseres derzeitigen wachstumsorientieren Wirtschaftssystems liegt im Fehlen globaler Verteilungsgerechtigkeit u.a. hinsichtlich Ressourcen, Produktion, Konsum und dem Umgang mit den entstandenen sozialen und ökologischen Schäden. Selbst das World Economic Forum Davos hat schon vor Jahren anerkannt, dass die heutige Form von Globalisierung Ungleichheiten nicht etwa abbaut, sondern verschärft. Wenn also in der Bioökonomie lokal und global Verteilungsgerechtigkeit erzielt werden soll, bleibt fraglich, wie dies durch die Integration der Bioökonomie in eine Globalisierungsagenda gelingen mag, die objektiv das Gegenteil bewirkt. Wir befürchten, dass die Länder des globalen Südens in einer globalen Bioökonomie den bekannten Status von Rohstofflieferanten behalten, während der Großteil der Wertschöpfung einschließlich der Patentierung in Deutschland und anderen Industrieländern stattfindet.
Die Bioökonomie kann folglich nur dann als ein gerechtes, ganzheitliches Wirtschaftskonzept gelten, wenn sie wirksame Mechanismen etabliert, die beispielsweise die Entstehung von Monokulturplantagen in den Ländern des globalen Südens vermeidet und die Einbindung der lokalen Bevölkerung, Politik und Wirtschaft sowie die angemessene Wertschöpfung vor Ort sicherstellt. Es muss deutlich werden, welche konkreten Strategien und Maßnahmen im Rahmen der Bioökonomie vorgesehen sind, um eine Verschärfung dieser Ungerechtigkeiten zu verhindern.
Unklar bleibt bei der Forderung nach „globalen Megaprojekten“, was darunter genau zu verstehen ist und wie deren überwiegend negativen Auswirkungen in der Vergangenheit künftig vermieden werden sollen. Das Vorsorgeprinzip gebietet, zunächst klein anzufangen bevor man „globale Megaprojekte“ verlangt.
Welche Strategien sind im Rahmen der Bioökonomie geplant, um die negativen Konsequenzen unseres Wirtschaftens im globalen Süden einzudämmen?
- Wie demokratisch wird die bioökonomische Transformation gestaltet und wann wird die angekündigte Beteiligung der Zivilgesellschaft sowie anderer relevanter Akteure an der strategischen Ausrichtung von Bioökonomie in Deutschland umgesetzt?
[…] To initiate a dialogue among stakeholders regarding the knowledge, skills and competencies, which will be crucial for implementing the bioeconomy, and to promote mutual capacity building efforts. To build up dialogue with civil society and the interested publics to render bioeconomy a venture based on a widely shared vision of a sustainable future; innovative ways of communication with the public must be identified and developed, based on principles of transparency […]. We note that the route towards sustainable bioeconomy must be appraised and supported by society. (Communiqué 2015, S. 3)
Sowohl die Abschlusserklärung des Bioökonomie-Gipfels von 2015 als auch eine ganze Reihe anderer Kommuniqués sprechen von einem angestrebten Dialog mit der Zivilgesellschaft. Laut dem aktuellen Koalitionsvertrag[1] der neuen Bundesregierung soll ebenfalls der Aufbau einer Bioökonomie weiter vorangetrieben werden, indem ein „Dialog zwischen der Industrie und den gesellschaftlichen Akteuren über die Anforderungen an eine veränderte Rohstoffbasis“ frühzeitig initiiert wird. Bisher findet der Austausch nahezu ausschließlich auf der Ebene von Expertinnen und Experten zwischen Regierung, Wirtschaft und Teilen der Wissenschaft statt. Ein Dialog auf Augenhöhe mit der Zivilgesellschaft wird bisher weder strukturell noch finanziell angemessen unterstützt. Folglich kann von einer „widely shared vision of a sustainable future“, also einer breiten gemeinsamen Vision von einer nachhaltigen Zukunft im Rahmen einer Bioökonomie nicht die Rede sein. Um einen konstruktiven, ergebnisoffenen gesamtgesellschaftlichen Diskurs zu ermöglichen, ist eine gleichberechtigte Beteiligung von NGOs, Akteuren aus den Gewerkschaften, den Sozialwissenschaften und den sozialen Bewegungen notwendig. Dabei gilt es, die demokratischen Herausforderungen (demokratische Institutionen, Entscheidungsräume und Mechanismen), die mit einer gesellschaftlichen Transformation hin zu einer nachhaltigen Bioökonomie einhergehen, zu thematisieren.  Wie kann dies sichergestellt werden?
- Wie kann im Rahmen der Bioökonomie sichergestellt werden, dass die Bio- und Gentechnologie adäquat reguliert und Risiken für das natürliche Ökosystem und die Gesundheit vermieden werden?
Besides, knowledge of biological principles and genetic resources are crucial sources of biobased innovation. Biodiversity libraries require international attention and funding. They are key for discovery, research, conservation and sustainable use of genetic resources. (Communiqué 2015, S. 7)
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Insbesondere im Bereich der Pflanzen- und Tiergenetik ist der Einsatz von Gentechnologie in Deutschland hoch umstritten und wird von der Mehrheit der Gesellschaft abgelehnt. In der Bioökonomie werden genetische Ressourcen manipuliert, um Biomasse für die Industrie und Energiewirtschaft noch effizienter zur Verfügung zu stellen. Aus zivilgesellschaftlicher Sicht ist hier problematisch, dass eine nationale und internationale Regulierung im Umgang mit Pflanzen und Tieren fehlt, die durch künstliches Eingreifen in DNA-Strukturen geschaffen wurden. Bioökonomie ist ein Konzept, das das Vorsorgeprinzip durch das Innovationsprinzip ersetzt. Wie sollen aber die Risiken, die von genetisch manipulierten Organismen, Pflanzen oder Tieren in Kontakt mit natürlichen Ökosystemen oder Menschen ausgehen können, minimiert oder ausgeschlossen werden? Unter Berücksichtigung hoher Gewinnspannen bei der Entwicklung gentechnisch veränderter Organismen gilt es ebenfalls zu hinterfragen, wie Zugang, Verteilung und geistige Eigentumsrechte für diese Produkte geregelt sind. Sind hierfür konkrete Maßnahmen geplant?
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- Wie kann durch Bioökonomie die Umsetzung der 2030 Agenda mit allen ihren Nachhaltigkeitszielen (SDGs) sichergestellt werden? Und wie wird gewährleistet, dass bereits bestehende internationale Abkommen eingehalten werden?
This Communiqué 2015 highlights key elements of the emerging global agenda for a sustainable bioeconomy. We emphasize that a sustainable bioeconomy will make essential contributions to achieving Sustainable Development Goals (SDGs) as its potentials are particularly geared to the SDGs related to food security and nutrition (Goal 2), healthy lives (Goal 3), water and sanitation (Goal 6), affordable and clean energy (Goal 7), sustainable consumption and production (Goal 12), climate  change (Goal 13), oceans, seas and marine resources (Goal 14), and terrestrial ecosystems, forests, desertification, land degradation, and biodiversity (Goal 15). (Communiqué 2015, S. 4)
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Die Agenda 2030 mit ihren Zielen für Nachhaltige Entwicklung wurde 2015 (SDG) von allen UN-Staaten verabschiedet. Deutschland hat sich von Beginn an intensiv für die Umsetzung der Ziele ausgesprochen und bereits kurz nach der Verabschiedung seine Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie entsprechend der SDG überarbeitet. Sowohl bei der Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie, vor allem aber im Blick auf die Erreichung der SDG für die Länder des globalen Südens und weltweit, müssen sich zukünftige Wirtschaftsstrategien an der Agenda 2030 im Ganzen orientieren. Eine Bioökonomiestrategie von Politik und Wirtschaft, die insbesondere auf die Erreichung einzelner SDG-Aspekte in Bezug auf nachhaltigen Konsum- und Produktion sowie veränderte Energiezusammensetzung abzielt, verkennt die integrative Natur der SDG, die Nachhaltigkeit sozial, ökologisch und ökonomisch betrachten. Insbesondere die Reduzierung von Armut und Ungleichheit ist Kern der Agenda. Dazu gehört unter anderem der freie und kostenlose Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen und Ressourcen, die deutliche Verringerung des Konsums im globalen Norden, faire und nachhaltige Wertschöpfung in den Ländern des globalen Südens selbst sowie ein umfangreicher Wissens- und Technologietransfer. Nur wenn Ziel- und Nutzungskonflikte entsprechend der Agenda 2030 abgewogen werden, kann von Bioökonomie als Bestandteil der SDG und globaler Nachhaltigkeit gesprochen werden. Zentral ist dabei, dass Strategien und Projekte der Bioökonomie sich an der Umsetzung internationaler Abkommen orientieren und diese nicht konterkarieren. Um dies sicherzustellen, braucht es eine reflektierte und vielseitige internationale Debatte zur Bioökonomie in den dafür zentralen UN-Organisationen (FAO, CBD, WHO, etc.), unter Beteiligung hoher Regierungsvertreterinnen und -vertreter sowie der Zivilgesellschaft.
Kontakt:
Josephine Koch, Forum Umwelt und Entwicklung
Marienstr. 19-20, 10117 Berlin
Tel.: +49 (0)30 678 17 75 74
Email: koch(at)forumue.de
László Maráz, Forum Umwelt und Entwicklung
Marienstr. 19-20, 10117 Berlin
Telefon: +49 (0) 30 678 1775 89
Email: maraz(at)forumue.de
Das Forum Umwelt und Entwicklung wurde 1992 nach der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung gegründet und koordiniert die Aktivitäten deutscher Nichtregierungsorganisationen in internationalen Politikprozessen zu nachhaltiger Entwicklung.
[1] https://www.cdu.de/system/tdf/media/dokumente/koalitionsvertrag_2018.pdf?file=1, Z. 2609-2610.