Weniger als 1000 Tage vor Ablauf der Frist, die sich die internationale Gemeinschaft zur Umsetzung der Millenniumsentwicklungsziele (MDG) gesetzt hat, sind viele Ziele noch weit davon entfernt, erreicht zu werden. Alte globale Herausforderungen sind nicht gelöst, neue sind hinzugekommen. Armut, wachsende soziale Ungleichheit, Umweltzerstörung, Verlust der biologischen Vielfalt, Klimawandel, ein auf immensen Ressourcenverbrauch setzendes Wirtschaftswachstum, Urbanisierung und Migration sind Herausforderungen, denen sich die Länder des Nordens wie des Südens gemeinsam gegenübersehen. Diese wechselseitige Abhängigkeit wird aktuell besonders deutlich angesichts der Auswirkungen der Wirtschafts- und Finanzkrise sowie des Klimawandels und anderer globaler Risiken.
Die Ausarbeitung einer auf den universellen Menschenrechten basierenden und auf eine Transformation zu gerechten und nachhaltigen Gesellschaften zielende globale Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsagenda für die Zeit nach 2015 ist deshalb unerlässlich für eine Zukunft, in der auch künftige Generationen ein gesundes, menschenwürdiges Leben in Wohlstand, Frieden und Sicherheit leben können. Eine solche zukünftige Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsagenda kann auf den Erfolgen ihrer Vorläufer aufbauen, ebenso wie sie aus deren Unzulänglichkeiten wertvolle Lehren ziehen kann. Mit den im Jahr 2001 vereinbarten Millenniumentwicklungszielen (MDG) wurde ein auf Armutsreduzierung ausgerichtetes Zielsystem formuliert. Die MDG haben aufgrund ihrer Klarheit, Knappheit, Vermittelbarkeit und Quantifizierbarkeit in vielen Ländern politische Wirksamkeit entfalten können. So konnte das Ziel, den Anteil der in absoluter Armut lebender Menschen bis zum Jahr 2015 weltweit zu halbieren, zumindest nach Angaben der Weltbank bereits vorzeitig erreicht werden.
Auch bei anderen Zielen, wie zum Beispiel der Verbesserung der Müttergesundheit gab es Fortschritte, trotzdem werden viele Zielsetzungen bis zum Jahr 2015 nicht erreicht werden. Die MDG haben jedoch nur Teilaspekte der Millenniumserklärung aus dem Jahr 2000 aufgegriffen. Themen wie eine Reform der Global Governance, Demokratie und Menschenrechte, soziale Gerechtigkeit, Frieden und Sicherheit sowie ökologische Nachhaltigkeit sind in den MDG nur schwach oder gar nicht abgebildet. Es sind aber gerade diese Themenkomplexe, die zukunftsentscheidend sind. Der Förderung der globalen ökologischen Nachhaltigkeit widmet sich seit dem Erdgipfel 1992 der Rio-Prozess.
Im Abschlussbericht der Rio+20-Konferenz von 2012 formulieren die Staats- und Regierungschefs folgende Prioritäten für die Zukunft: Armutsbekämpfung, Förderung nachhaltigen Konsums und nachhaltiger Produktion sowie die Nutzung natürlicher Ressourcen auf der Basis ökonomischer und sozialer Entwicklung. Spätestens bis zum September 2014 soll die von der VNGeneralversammlung eingerichtete Open Working Group (OWG) Vorschläge für globale Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals – SDG) für alle Länder erarbeiten. Angesichts der Komplexität und Verbundenheit der zukünftigen Herausforderungen ist es deshalb notwendig, die bislang parallel laufenden Prozesse zur Erarbeitung von SDG und einer Post-2015- Entwicklungsagenda in einem Rahmenwerk zusammenzuführen.
Dies bietet die historisch einzigartige Chance, die sich gegenseitig bedingenden Ursachen von Armut und Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen durch einen umfassenden Ansatz zu bekämpfen. Diese Chance muss genutzt werden, denn es bleibt nur ein enges Zeitfenster, wenn die planetarischen Leitplanken (Planetary Boundaries) nicht unwiederbringlich überschritten werden sollen.
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