Die AG Handel des Forums Umwelt und Entwicklung lädt ein zum Gespräch
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Coronakrise: Warum Menschenleben vor Patentrechte gehen und die EU-Handelspolitik jetzt umlenken muss
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Öffentliches Webinar am Mittwoch der 24. Juni 2020 um 16 Uhr
Um Anmeldung wird gebeten:
https://attendee.gotowebinar.com/register/3184076130398402317
Die Bereitschaft, in der Coronakrise zu helfen, ist groß. Insbesondere die Länder des Globalen Südens sind aufgrund ihrer oft mangelhaften Gesundheitssysteme auf globale Solidarität angewiesen. Jedoch stellt die Herstellung und Verbreitung von Impfstoffen und Medikamenten insbesondere Entwicklungsländer vor große Herausforderungen. Grund: Der Schutz geistiger Eigentumsrechte von Pharmakonzernen.
Das Patentrecht ist seit langem ein Zankapfel zwischen dem Globalen Norden und dem Globalen Süden. Im Rahmen des WTO-Abkommens über handelsbezogene geistige Eigentumsrechte (Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights, TRIPS) verpflichten sich die WTO-Mitglieder dazu, geistige Eigentumsrechte wie Patente, Markenzeichen und Urheberrechte auch im grenzüberschreitenden Handel zu schützen. Bereits bei seiner Verabschiedung stieß das TRIPS-Abkommen bei Entwicklungsländern auf Kritik, da es den Zugang zu neuen Technologien erschwere und die Abhängigkeit von den Industrieländern bei der Befriedigung grundlegender Bedürfnisse, wie dem Schutz der Gesundheit durch Zugang zu bezahlbaren Medikamenten, erhöhe. Zwar erlaubt das TRIPS-Abkommen im Artikel 31 bei Medikamenten den Gebrauch von Zwangslizenzen, allerdings ist der Artikel mit vielen Bedingungen verbunden. Faktisch stehen außerdem Länder, die Zwangslizenzen gebrauchen, unter großem Druck durch die pharmazeutischen Unternehmen und die Sitzländer dieser Unternehmen, was sie davon abhält, diesen Mechanismus zu nutzen.
Die Erfahrungen der vergangenen 25 Jahre bestätigten ihre Skepsis: Pharmaunternehmen blockierten die Produktion generischer Medikamente, um ihre Profite zu schützen, die oftmals die Entwicklungskosten neuer Medizin um ein Vielfaches übersteigen. Entwicklungsländer werden so von der Versorgung mit lebenswichtigen Medikamenten abgeschnitten, aber auch die Krankenkassen in Deutschland und Europa geraten durch die hohen Lizenzkosten unter Druck.
Die gegenwärtige Coronakrise macht dramatisch deutlich, wie berechtigt die Befürchtungen sind. Verschiedene Akteure aus dem Globalen Süden fordern die internationale Staatengemeinschaft auf, schnellstmöglich Maßnahmen zu ergreifen, damit Arzneimittel und Impfstoffe gegen COVID-19 auch und gerade benachteiligten Menschen zur Verfügung stehen.
Zwar drücken derzeit zahlreiche Rechteinhaber bei Patent- und Designrechten ein Auge zu. Entwicklungsländer und zivilgesellschaftliche Akteure, die sich nicht erst seit gestern für den Zugang zu lebenswichtigen Medikamenten engagieren, wissen jedoch, dass dies trotz aktueller positiver Beispiele keine Selbstverständlichkeit ist. Die Rettung von Menschenleben kann sich nicht auf Freiwilligkeit gründen.
Die Coronakrise zeigt den notwendigen Handlungsbedarf in seiner globalen Dimension. Da es sich um eine Pandemie handelt, die auch die Industrienationen mit voller Wucht trifft, kann es sich keine Regierung leisten, einseitig die wirtschaftlichen Interessen von Pharmakonzernen zu schützen. Obwohl noch gar kein Impfstoff für Covid-19 entwickelt werden konnte, legen Parlamente bereits jetzt die Grundlage für eine Zwangslizenzierung. Das deutsche Pharmaunternehmen CureVac, das an einem Impfstoff für Covid-19 forscht, hat Versuche seitens der US-Regierung zurückgewiesen, sich einen etwaigen Impfstoff exklusiv zu sichern.
Das Webinar gibt einen Einblick in die Problemlage und diskutiert, welche Richtung die EU-Handelspolitik jetzt einschlagen muss.
Gesprächsrunde mit
Jörg Schaaber, BUKO Pharma Kampagne
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Anna Cavazzini, Mitglied des Europäischen Parlaments / Handelspolitische Sprecherin der Fraktion Die Grünen/EFA
Moderiert von
Mareike Haase, Referentin für Gesundheitspolitik bei Brot für die Welt
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Nelly Grotefendt, Referentin Politik beim Forum Umwelt und Entwicklung
Ein Webinar der AG Handel. Konzeption Brot für die Welt, Forum Umwelt und Entwicklung, PowerShift und Greenpeace
Unter Mitwirkung der Mitglieder der AG Handel im Forum Umwelt und Entwicklung.