Für das in diesen Tagen von den amerikanischen Kriegsdrohungen betroffene irakische Volk mag es nur ein schwacher Trost sein: Schon bald könnte Wasser das Öl als begehrteste Flüssigkeit der Welt ablösen. Pünktlich zum Beginn des von der UNO ausgerufenen »Internationalen Jahrs des Süsswassers« legte die UNESCO einen Bericht vor, der in genau diese Richtung weist. Bis zu sieben Milliarden Menschen werden bis zum Jahr 2050 keinen Zugang zu sauberem Wasser haben. Die verfügbare Wassermenge pro Kopf werde bereits in den kommenden 20 Jahren um ein Drittel sinken. Schmutziges Wasser ist bereits heute die Ursache dafür, dass täglich 6000 Menschen an Durchfallerkrankungen sterben, meist Kinder unter 5 Jahren. Dreckwasser – fürwahr ein Massenvernichtungsmittel, über das sich aber niemand aufregt. Moment mal – hat nicht der Johannesburger Weltgipfel vor einem halben Jahr beschlossen, die Zahl der Menschen ohne Zugang zu sauberem Trinkwasser bis 2015 zu halbieren? In der Tat. Laut UNESCO-Bericht müssten zur Verwirklichung dieses Ziels täglich 274000 Menschen einen Anschluss bekommen, und ähnliches gilt natürlich auch für die Abwasserentsorgung. Die Aufgabe mag gigantisch klingen, aber wenn eine Regierung wie die amerikanische ohne mit der Wimper zu zucken mal eben 100 Milliarden Dollar Kriegskosten einplanen kann, dann sieht diese Aufgabe auf einmal gar nicht mehr so teuer aus. Angesichts der Dimensionen der Aufgabe kann es nicht verwundern, dass der globale Wassermarkt auch bei der anstehenden Welthandelskonferenz im mexikanischen Cancún eine gewichtige Rolle spielt. »Globaler Wassermarkt« – man zögert fast, den Begriff zu verwenden, schliesslich ist Wasser ein Grundbedürfnis und nicht eine x-beliebige Ware, aber die Realität ist, dass die grossen Wasserkonzerne mit Hilfe des GATSAbkommens massiv versuchen, sich die lukrativen Teile dieses Wassermarktes zugänglich zu machen. Was aber ist lukrativ? Der französische Suez-Konzern hat mit seinen umfangreichen Investitionen in Entwicklungsländern (pardon, in den »emerging markets«) im letzten Jahr 900 Millionen Euro Verluste gemacht. »Solche enormen Verluste sind zunächst unser Problem, irgendwann aber werden sie das Problem der Armen, wenn wir uns wieder zurückziehen müssen.«, so ein Vertreter des Konzerns in unverblümter Direktheit unlängst auf einer Veranstaltung zum Internationalen Jahr des Wassers. In der Tat steht dann auch die Entwicklungspolitik der Industrieländer vor einem Problem, die derzeit sehr stark auf den Privatsektor zur Lösung des Wasserproblems setzt. Wasser ist aber nicht nur Lebens-Mittel, sondern auch ein Energieträger. Die Kontroverse um die Nutzung der Kleinwasserkraft, über die wir in diesem Heft zwei Pro- und Contra-Beiträ- ge bringen, zeigt, dass nicht nur fossile und atomare Energiegewinnung ihre ökologischen Probleme hat. Früher oder später ist also abzuwägen, wieviel Energieverbrauch die Menschheit überhaupt vertretbar sich leisten kann und wie dieser gedeckt werden kann mit den geringsten Schäden an unseren Lebensgrundlagen. Bis zur Mitte dieses Jahrhunderts werden die erneuerbaren Energiequellen dabei die zentrale Rolle übernehmen müssen, ob es uns passt oder nicht. In der zweiten Jahreshälfte wird das Forum Umwelt & Entwicklung hierzu eine grössere Tagung veranstalten. Erbauliche Lektüre wünscht
Jürgen Maier
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