8. Presseerklärung des Netzwerks deutscher Nichtregierungsorganisationen, die zu Handelsthemen aktiv sind
Seattle, 4.12.1999.
“Die WTO steckt in einer tiefen Krise” erklärte Peter Fuchs für die in Seattle vertretenen deutschen Nichtregierungsorganisationen des Forums Umwelt & Entwicklung. “Das Scheitern der Konferenz von Seattle,” so Fuchs, “dokumentierte die Unfähigkeit der WTO, zur Lösung der wirklich brennenden Probleme der Menschheit beizutragen. Angesichts der sich immer weiter öffnenden Wohlstandsschere zwischen Nord und Süd, angesichts zurückgehender Verteilungsgerechtigkeit in den Industrieländern und ungebremster Zerstörung der Umwelt ist Seattle eine einzige Bankrotterklärung.”
Besonders problematisch finden die deutschen NRO, daß von der groß angekündigten Entwicklungsrunde so gut wie nichts übriggeblieben ist. Stattdessen hätten die großen Handelsblöcke, die USA und die EU, wie üblich ihre egoistischen Interes-senskonflikte auf dem Rücken von Umwelt und Entwicklung ausgetragen. “Dort, wo es ihren Interessen dienlich ist,” so Fuchs, “treten sie für Liberalisierung ein, während sie auf anderen Sektoren hemmungslos Protektionismus betreiben. Dieses Mal haben sie sich damit selbst in die Sackgasse hinein manövriert. Offenbar haben sie nicht damit gerechnet, daß die Entwicklungsländer mit neuem Selbstbewußtsein auftreten und sich vor allem die durch und durch undemokratischen Verfahren in der WTO nicht mehr gefallen lassen.”
“Das herausragende Ereignis dieser Ministertagung allerdings fand außerhalb der Konferenzsäle statt” erklärte Peter Wahl von der Bonner NRO WEED (Weltwirtschaft, Ökologie und Entwicklung). “Nie zuvor waren internationale Wirtschaftsverhandlungen von so starken Protesten auf der Straße begleitet. Die 50.000 Demonstranten – Gewerkschaften, Bauernverbände, Umweltbewegung, Dritte-Welt-Gruppen und Nichtregierungsorganisationen aus vielen Ländern – sind Ausdruck einer weltweiten Unzufriedenheit mit den Ergebnissen der Liberalisierung der Märkte. Die Proteste zeigen, daß die Menschen ihre Interessen nicht länger einer intransparenten und un-demokratischen Wirtschaftsdiplomatie überlassen wollen. Die Zeit der Kungelei ist vorbei.”
Fuchs kündigte an, daß die deutschen NRO die zukünftigen WTO Verhandlungen genau beobachten und sich dafür einsetzen wollen, daß sich die weitere Entwicklung des Welthandelssystems an sozialer Gerechtigkeit und Umweltverträglichkeit orientiert.