Sao Paulo, 18. Juni 2004: Die heute in Sao Paulo zu Ende gehende 11. Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (UNCATD XI) stärkt die Position der Entwicklungsländer in Handelsfragen. Dieses Fazit ziehen die deutschen Nichtregierungsorganisationen aus dem Forum Umwelt & Entwicklung, die die Verhandlungen vor Ort in Brasilien verfolgt haben.
“Das Abschlussdokument, der Sao Paulo Konsens, sichert den Entwicklungsländern mehr eigenständigen Handlungsspielraum in den Bereichen Handel, Investitionen und industrielle Entwicklung zu. Die Versuche von USA und EU, eine entsprechende Passage zu verhindern oder abzuschwächen, scheiterten. Damit verbessert sich die Position der Entwicklungsländer auch in den laufenden Verhandlungen der Welthandelsorganisation (WTO)” bewertet Dr. Brigitta Herrmann, Welthandelsexpertin bei Germanwatch, dieses Ergebnis der Konferenz.
In Sao Paulo beschlossen die Entwicklungsländer ferner, im Rahmen der UNCTAD eine neue Runde für ein Allgemeines Handelspräferenzsystem zu starten. Dieses gilt nur für Entwicklungsländer und soll durch den Abbau von Zöllen den Süd-Süd-Handel fördern. “Mit dem Präferenzsystem zeigen die Entwicklungsländer, dass sie nicht die Blockierer in Handelsfragen sind, wie die Industrieländer immer behaupten. Die Entwicklungsländer beabsichtigen, Solidarität mit den schwächeren Handelspartnern unter ihnen zu üben. Das Ziel einer nachhaltigen Entwicklung muss auch von diesem System erfüllt werden” kommentiert Jürgen Knirsch, Welthandelsexperte bei Greenpeace.
Einer der bis zu letzt strittigsten Punkte war der Absatz zu “Good Governance”. Good Governance umfasst die politischen Rahmenbedingungen auf nationaler wie internationaler Ebene, Rechtsstaatlichkeit und einen verantwortungsvollen Umgang mit politischer Macht und öffentlichen Ressourcen. “Die Entwicklungsländer konnten ihre Position durchsetzen. Transparenz im internationalen Finanz- und Handelssystem und die vollständige und wirksame Beteiligung der Entwicklungsländer an der Entscheidungsfindung wurden als Grundvoraussetzungen für eine Good Governance anerkannt. Auch in diesem Punkt erzielten sie einen Erfolg gegenüber den Industrieländern, die Good Governance ausschließlich auf die nationale Ebene beschränken wollten” stellt Dr. Brigitta Herrmann fest.
Für heftige Diskussionen sorgte auch die Frage der Rechenschafts- und Haftungspflicht von multinationalen Unternehmen. “Vor knapp zwei Jahren, auf dem Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung in Johannesburg, beschlossen die Regierungen, verpflichtende Regeln zur Unternehmenshaftung zu entwickeln. Durch den massiven Druck der USA konnte die UNCTAD-Konferenz diese Verpflichtung nicht vorantreiben. Auch die EU hat, um den Konflikt mit den USA zu vermeiden, Johannesburg nicht ernst genommen”, bedauert Jürgen Knirsch.