April 2017
Einheitliches Label und EU-weites Aus für Biosprit 2020 – klares Votum des EU-Parlaments
Geht es allein nach Beschlüssen und Abstimmungen, müsste die EU bald eine der saubersten Business-Zonen der Welt sein. Nach der jüngst getroffenen Regelung zur Vermeidung der Einfuhr von Konfliktmineralien (Gold, Zinn, Wolfram und Tantal), die oft aus Kriegsgebieten stammen und in Handys und Laptops zu finden sind, sowie dem wachsenden Druck auf die Europäische Kommission, Regelungen zu Menschenrechtsverantwortung von Unternehmen allgemein verbindlicher zu machen – auch ausgelöst durch ein neues, französisches Gesetz - geht es nun dem Palmöl an den Kragen. Eine überwältigende Mehrheit der Europa-Abgeordneten – 640 von 688 – sprach sich in ihrer Plenarsitzung in Straßburg in der ersten April-Woche für die Einführung eines einheitlichen Zertifizierungssystems für Palmöl aus. Damit soll sichergestellt werden, dass nur noch nachhaltig produziertes Palmöl in die EU importiert wird. Außerdem soll die Verwendung von Biosprit, für die 50 Prozent des Palmöl-Anbaus auf etwa einer Million Hektar tropischer Böden draufgehen, bis 2020 auslaufen.
Dem Beschluss des Parlaments lag ein umfassender Bericht der tschechischen Grünen-Abgeordneten Kateřina Konečná zugrunde. Sie war nach eigenem Bekunden vor einigen Jahren über das Problem gestolpert, als sie von Waldzerstörung in Indonesien hörte. „Damals hatte ich das Gefühl, dass wir alle wegschauen und die Regenwälder dort und anderswo einfach sterben lassen“, begründete Konečná jetzt ihren Einsatz für das Thema vor ihren Parlamentskollegen. Und: „Wenn man sich hier engagiert, hat man schnell eine Pandora-Büchse geöffnet – von der Korruption über Abholzung bis hin zu Kinderarbeit und Verletzung der Menschenrechte indigener Völker.“ Dabei, so Konečná weiter, finde sich Palmöl in vielen Produkten, „wo es völlig nutzlos“ ist.
Diese Ansicht ist zwar umstritten, klar ist aber, dass Palmöl inzwischen nicht nur im Biosprit, sondern auch in Lebensmitteln, wie zum Beispiel Margarine oder Schokoaufstrich, sowie in Reinigungsmitteln und Kosmetika im hohen Maße enthalten ist. Ebenso folgte die Mehrheit der Abgeordneten Konečná’s Einschätzung, wonach die Palmöl-Produktion in hohem Maße zur Abholzung und Entwaldung in Indonesien und anderen Erzeugerländern beiträgt. „Europa ist der zweitgrößte Importeur von Palmöl und kann und muss deshalb hier etwas tun“, befand denn auch die Vertreterin des Ausschusses für internationalen Handel, Tiziana Beghin, während der Parlamentsdebatte. Entsprechend plädiere der Ausschuss dafür, dass es auch in künftigen Freihandelsabkommen klare verbindliche Regeln zur „vollständigen Rückverfolgung“ von Palmölbestandteilen in Lebensmitteln, Kosmetika und Sprit geben solle und der „Handel in den Dienst der Ärmsten gestellt“ werden müsse.
Mit Blick auf die nun geforderte einheitliche Zertifizierung räumten die EU-Parlamentarier zwar ein, dass es bisher schon verschiedene freiwillige Zertifizierungen gebe, die für nachhaltiges Palmöl stünden. Allerdings sei diese Labelvielfalt, mit zum Teil fragwürdigen Standards, verwirrend für den Verbraucher. Die EU müsse daher klare Kriterien für eine glaubwürdige Zertifizierung entwickeln.
Wie schnell das geht, muss sich zeigen. Denn jetzt ist es an der EU-Kommission, das klare Votum des Parlamentes in die Tat umzusetzen und eine Reform ihrer Politik, vor allem zu Bio-Sprit einzuleiten. Um diesen bis 2020 europaweit einzudämmen, müsste die „Fuel Quality Directive“ modifiziert werden. Einen genauen Zeit-Fahrplan gibt es im Moment dazu nach Auskunft eines EU-Parlamentssprechers noch nicht.
Von Monika Hoegen, entwicklungspolitische Fachjournalistin Köln/Brüssel
www.monika-hoegen.de