Eine Kritik der EU-Pläne für “weitreichende und umfassende Freihandelsabkommen” mit Ägypten, Jordanien, Marokko und Tunesien
Im Dezember 2011 erteilten die Mitgliedsländer der Europäischen Union (EU) der EU-Kommission vier Mandate zur Aushandlung von „weitreichenden und umfassenden Freihandelsabkommen“ mit den Unterzeichnerstaaten des Agadir-Abkommens, Ägypten, Jordanien, Marokko und Tunesien. Nach Angaben der EU-Kommission sollen die Verhandlungen mit Marokko nun im Frühjahr 2013 und mit Tunesien in der ersten Jahreshälfte 2013 beginnen. Genaue Zeitpunkte zum Verhandlungsbeginn mit Jordanien und Ägypten sind noch nicht absehbar. Der Inhalt der EU-Verhandlungsmandate ist nicht öffentlich, laut EU-Kommission sollen die neuen Abkommen jedoch weit über die bereits existierenden Handelsvereinbarungen zwischen der EU und den vier Ländern (im Rahmen der Euro-Mediterranen Assoziationsabkommen) hinausgehen. Neben dem weiteren Abbau von Zöllen drängt die EU-Kommission auf die Verhandlung von diversen handelsrelevanten Bereichen wie etwa dem Investitionsschutz und der Wettbewerbspolitik.
Die geplanten Abkommen sind Teil der neuen EU-Nachbarschaftspolitik, mit welcher die EU nach eigenen Angaben den im Zuge des Arabischen Frühlings begonnenen Transformationsprozess der Länder des südlichen Mittelmeerraums unterstützen möchte. In der sogenannten „Partnerschaft für Demokratie und gemeinsamen Wohlstand“ sollen sowohl der Demokratisierungsprozess (Säule 1) und die Zivilgesellschaft (Säule 2) als auch die wirtschaftliche Entwicklung in Form eines nachhaltigen und breitenwirksamen Wirtschaftswachstums (Säule 3) der Partnerländer gefördert werden.
Ausgehend von der Annahme, dass Handel und Investitionen „wichtige Wachstumsmotoren“ darstellen und zur „Verringerung der Armut“ beitragen, sollen die „weitreichenden und umfassenden Freihandelsabkommen“ mit den Agadir-Ländern das Ziel der dritten Säule fördern. „Wir bieten Ägypten, Jordanien, Marokko und Tunesien progressive wirtschaftliche Integration in den EU-Binnenmarkt und möchten die Zugangskonditionen zum EU-Markt der vier WTO-Mitglieder verbessern, sowie sie sich um demokratische und wirtschaftliche Reformen bemühen“ sagte der EU-Handelskommissar Karel De Gucht.
Aber tragen die „weitreichenden und umfassenden Freihandelsabkommen“ tatsächlich zu dem von der EU kommunizierten Ziel eines nachhaltigen und breitenwirksamen Wirtschaftswachstums in den Partnerländern bei? Und unterstützt die EU, wie behauptet, mit ihren Plänen wirklich den demokratischen Transformationsprozess der Länder oder läuft sie vielmehr Gefahr, diesen Prozess durch verschärften außenwirtschaftlichen Druck zu stören?
Download