Bezüglich der aktuellen Konsultation der EU-Kommission der Mitgliedstaaten zu „neuen Genomtechniken“ möchten wir Sie bitten, unsere Punkte bei Ihrer Beantwortung des Kommissions-Fragebogens zu berücksichtigen.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit seinem Urteil vom 15. Juli 2018 bestätigt, dass auch neue Gentechnik-Verfahren (wie beispielsweise CRISPR/Cas) nach der geltenden EUGentechnikgesetzgebung zu regulieren sind.
Mit großer Sorge verfolgen wir nun die politische Debatte um eine mögliche Deregulierung von mit neuen Gentechnikverfahren erzeugte Organismen und Produkte. Sollten die neue Gentechnik (NGT) dem europäischen Rechtsrahmen der Freisetzungsrichtlinie ausgenommen werden, käme das einem Stopp von Rückverfolgbarkeit, Rückholbarkeit, Kennzeichnung, Transparenz und der Anwendung des Vorsorgeprinzips gleich.
Abgesehen von den enormen ökologischen Risiken, die mit den neuen (und alten) Gentechniken einhergehen, wäre mit ihrer Deregulierung die Wahlfreiheit für KonsumentInnen, aber auch für Bäuerinnen und Bauern, sowie LebensmittelunternehmerInnen in Deutschland und der EU eingeschränkt oder sogar abgeschafft.
Aber auch aus entwicklungspolitscher Sicht wäre eine Aufweichung der EU-Freisetzungsrichtlinie unverantwortlich:
Gefahr für die Hungerbekämpfung
Konzerne behaupten immer wieder, mit NGT könnten trockenresistente Pflanzensorten zur Minderung des Hungers im Globalen Süden hergestellt werden. Diese Behauptung, die auch die erste Generation der Gentechnik aufstellte, entbehrt noch immer wissenschaftliche Beweise. Nur eine Regulierung verpflichtet aber zu umfangreichen Risikoanalysen und einem Nachweis der versprochenen Eigenschaften. Nur so konnte z.B. in Südafrika der Anbau von Genmais von BayerMonsanto verhindert werden, der den Versprechungen des Konzerns betreffend der per Gentechnik erzeugten Trockenheitsresistenz nicht Stand halten konnte. Südafrika hatte auf Basis der existierenden Biosicherheitsgesetzgebung, die es als Vertragsstaat des Cartagena-Protokolls erlassen hat, umfangreiche Feldversuche durchgeführt, die zu diesem Ergebnis kamen. Fällt eine Regulierung NGT in der EU weg, können auch hier gentechnisch veränderte Sorten auf den Markt gebracht werden, ohne, dass zuvor umfangreiche Risikoanalysen und wissenschaftliche Anbauversuche verpflichtend wären. Ohne eine Regulierung von NGT in Europa würde der Druck auch auf die Länder des Globalen Südens anwachsen, ihre Regulierungen fallen zulassen. Ein Nachweis gescheiterter technologischer Versuche wäre dann nur noch schwer möglich und würde vor allem erst erfolgen, wenn massiver ökonomischer und womöglich auch ökologischer Schaden entstanden wäre. Die unregulierte Anwendung NGT im Globalen Süden stellt eher eine Gefahr für die Hungerbekämpfung dar als ein Schritt hin zur Ernährungssicherung.