Der Goldrausch in den Meeren hat begonnen. Sinnbildlich. Gold haben sie noch nicht auf dem Meeresgrund gefunden, abgesehen von gesunkenen spanischen Galeonen. Aber das moderne Gold heißt Erd- öl, Manganknollen, Offshore-Windkraftwerke, Fische. Die EU-Kommission ruft eine Strategie für „Blaues Wachstum“ aus – gemeint ist die umfassende Nutzung der Meeresressourcen, nachhaltig natürlich, aber was dieser Begriff bedeutet, bleibt schwammig. Das Meer wird zum Industriegebiet – wie schon an Land hinken die Umwelt- und Naturschützer hinterher und fordern Meeresschutzgebiete. Für die fehlt auf hoher See sogar noch die Rechtsgrundlage – beim Rio+20-Gipfel wurde beschlossen, zu prüfen, ob man die nun schaffen solle. Ob das Meer eine „Tragödie der Gemeingüter“ wird oder ob es gelingt, das größte Ökosystem der Erde nicht nur als Ökosystem zu erhalten, sondern damit auch seine enorm wichtige und stets unterschätze Rolle für die Ernährung der Menschheit – es ist eine offene Frage. Ist ein anderes Meer möglich – eine Frage, die ein Alternativ-Kongress anlässlich des Europäischen Tages der Meere im Mai in Bremen stellte und auch beantwortete: es ist möglich, wenn der politische Wille da ist und der öffentliche Druck. Was dazu gehört, das beleuchtet diese Ausgabe des Rundbriefs: Fischerei, Aquakultur, Rohstoffabbau, „Blaues Wachstum“. Ist eine andere Meerespolitik möglich?
Vieles wird von zwei anderen Prozessen abhängen: wird die zur Zeit in den Vereinten Nationen verhandelte „Post-2015-Agenda für Nachhaltige Entwicklung“ genügend Dynamik entwickeln können, Schutz und nachhaltige Nutzung der Meere und aller anderen Ökosysteme in ein vernünftiges Gleichgewicht zu bringen? Es wäre der erste ganzheitliche Ansatz für eine Meerespolitik auf internationaler Ebene. Sie wird nur sogenanntes „soft law“ werden, eine unverbindliche Absichtserklärung der Regierungen – ganz im Gegensatz zu den zurzeit auf Hochtouren laufenden Verhandlungen zu neuen „Freihandelsabkommen“. Abkommen wie TTIP, CETA, TPP, TISA und wie sie alle heißen – Abkommen, die weit über traditionelle Handelspolitik hinausgehen und ein nicht nachhaltiges Wirtschaftsmodell zementieren sollen. Deregulierung, Wachstum um jeden Preis, forcierte Globalisierung heißt hier die Devise, und die Details sollen möglichst geheim bleiben und nicht an die Öffentlichkeit dringen. Was wird sich am Ende durchsetzen? Eine offene Frage….
Jürgen Maier
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