Das Forum Umwelt & Entwicklung fordert eine grundlegende Reform der Welthandelsorganisation
Eine grundlegende Reform der Welthandelsorganisation (WTO) forderten Naturschutzverbände und entwicklungspolitische Organisationen gemeinsam heute in Bonn. In Hinblick auf die Ende des Jahres bevorstehende dritte WTO-Ministerkonferenz in Seattle, USA, solle sich die Bundesregierung dafür einsetzen, die Verhandlungsposition der Europäischen Union entsprechend zu beeinflussen.
Internationale Regeln für die Weltwirtschaft und den Handelsverkehr seien zwar notwendig, wie Verkehrsregeln im Straßenverkehr, doch sei die Welthandelsorganisation in ihrer derzeitigen Form völlig ungeeignet, diese Regeln aufzustellen, so Tobias Reichert von der Arbeitsgemeinschaft Handel des Forum Umwelt und Entwicklung. “Zur Zeit sieht der Verkehrspolizist es als seine Aufgabe an, das Verkehrsaufkommen zu erhöhen und jegliche Tempolimits aufzugeben, dabei überläßt er es den Fahrern der teuren Autos, die Verkehrsregeln zu machen. Statt dessen sollte er dafür Sorge tragen, daß niemand unter die Räder kommt, und besonders auf die schwächeren Verkehrsteilnehmer achten”, erläuterte Reichert.
Unter dem Stichwort “Millennium-Round” planen die Europäische Union, die USA und weitere wirtschaftlich starke Länder innerhalb der Welthandelsorganisation unfangreiche Liberalisierungen durchzusetzen, nicht nur in Bezug auf den Handel mit Gütern und Dienstleistungen, sondern auch für Bereiche wie Investitionen, Wettbewerbsrecht und “electronic commerce”. Dem halten die in der Arbeitsgemeinschaft Handel des Forum Umwelt & Entwicklung zusammengeschlossenen Organisationen und Gruppen entgegen, daß zunächst die Auswirkungen des bestehenden Regelwerkes auf die Umwelt, die soziale Situation, die Lage von Frauen und ökonomisch besonders verwundbaren Bevölkerungsgruppen, die Menschen- und Arbeitnehmerrechte und die Entwicklungsperspektiven der Länder des Südens eingehend geprüft werden sollten.
Das bestehende Regelwerk weise große Ungleichgewichte zu Lasten der Entwicklungsländer auf, auch und gerade bei den für diese Länder besonders wichtigen Abkommen über Landwirtschaft und Textilien. Sowohl innerhalb der Welthandelsorganisation als auch bezüglich ihrer Stellung im internationalen System bestünden außerdem grundlegende Demokratiedefizite. Obwohl die WTO-Verträge massiv in die Gesetzgebungskompetenz der Nationalstaaten eingriffen, seien Parlamente und gesellschaftliche Gruppen an den Verhandlungen nicht beteiligt und nur unzureichend informiert. Im Gegensatz zu Organisationen der Vereinten Nationen, wie dem UN-Umweltprogramm, der Internationalen Arbeitsorganisation oder der Klimaschutzkonvention, die nur geringe Durchsetzungskraft besitzen, verfüge die WTO mit ihrem Streitschlichtungsverfahren und dem Instrument der Handelssanktionen über vergleichsweise effektive Mittel, die Einhaltung der bestehenden Vereinbarungen durchzusetzen.
Damit werde dem Freihandel de facto ein höherer Rang im internationalen System eingeräumt als dem Ziel der nachhaltigen Entwicklung. Die AG Handel fordert, dieses Verhältnis umzukehren, denn die Förderung des Handels dürfe nicht das Ziel an sich, sondern lediglich ein Instrument für eine nachhaltige Entwicklung sein. “Es ist an der Zeit, die seit langem sichtbaren Defizite des Welthandelssystems anzugehen, um den ökologischen, sozialen und entwicklungspolitischen Herausforderungen des kommenden Jahrtausends gerecht zu werden”, hob Reichert hervor.
AG Handel des Forum Umwelt & Entwicklung
In der AG Handel des Forum Umwelt & Entwicklung arbeiten Vertreter und Vertreterinnen folgender Organisationen mit:
Arbeitsgemeinschaft Kirchlicher Entwicklungsdienst der EKD (AGKED)
Bananenkampagne
Berliner Landesarbeitsgemeinschaft Umwelt und Entwicklung (BLUE 21)
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND)
Bundeskongreß entwicklungspolitischer Aktionsgruppen (BUKO) Agrarkoordination
EcoLogic
Fachstelle für entwicklungspolitische Bildung auf dem Lande der EKD
Germanwatch
Greenpeace
Katholische Landjugendbewegung (KLJB)
Misereor
Naturschutzbund
Weltladen-Dachverband
Weltwirtschaft, Ökologie und Entwicklung (WEED)