Deutsche Version des offenen Briefs an die Wettbewerbskommissarin
Original (engl.) Mergers sign on letter
Offener Brief an Margrethe Vestager, EU-Wettbewerbskommissarin
Wir, die unterzeichnenden Organisationen, fordern die Europäische Wettbewerbskommission auf, die Übernahme von Monsanto durch Bayer aus wettbewerbsrechtlichen Gründen abzulehnen. Wir fordern insbesondere Sie als Wettbewerbskommissarin auf, die Bildung neuer Monopole durch die Kombination von Saatgut und Pestiziden (vertikale Konzentration) und im Bereich der Digitalisierung (durch die Integration von Saatgut, Pestiziden, Gensequenzierung und Datenplattformen) zu verhindern. Wir möchten Sie dringend bitten, fairen Zugang, Innovation und Wettbewerb in der Landwirtschaft sicherzustellen.
Wir befürchten, dass die bislang vorgeschlagenen Maßnahmen Bayer dennoch einen übermächtigen und unfairen Marktvorteil ermöglichen würden – mit negativen Auswirkungen auf den Wettbewerb (besonders im Saatgutbereich), faire Preise und wirkliche Innovationen für LandwirtInnen und ZüchterInnen.
Es wird nichts an der Marktkonzentration, der Unternehmenskontrolle und dem Mangel an Wettbewerb im Agribusiness ändern, wenn Bayer erlaubt wird, Teile seines Saatgut- und Pestizidgeschäfts an andere große Konzerne aus demselben Marktbereich, wie etwa BASF, zu verkaufen. Neben den negativen Auswirkungen der Fusion auf den Saatgut- und Pestizidmarkt sowie auf Innovationsmöglichkeiten für nachhaltigere Ernährungssysteme betrachten wir die Folgen der Übernahme auf den Bereich der digitalen Landwirtschaft als besonders besorgniserregend. Durch die Fusion würde Bayer-Monsanto zum wichtigsten Akteur bei der Sammlung, Analyse und wirtschaftlichen Nutzung landwirtschaftlicher Daten. Daher äußern wir folgende Bedenken:
- Bayer-Monsanto würde zum größten Akteur im Bereich von Datenplattformen und Datensammlung. Dies birgt für Bauern und Bäuerinnen ähnliche Risiken und Probleme, wie sie bereits durch Datenplattformen wie Google, Amazon und Facebook entstanden sind. Die rasante Entwicklung landwirtschaftlicher Datenplattformen schafft eine neue Dynamik, durch die Unternehmen in den nächsten Jahren ihre ökonomische Macht vergrößern und gleichzeitig Innovation und Wettbewerb einschränken können. Kein anderer Wettbewerber hat in diesem Bereich vergleichbare Investitionen und Know-How. Es ist absolut ungenügend, BASF Zugang zur Bayer-Plattform zu ermöglichen, denn die Daten, das Know-How und der Algorithmus blieben in den Händen von Bayer-Monsanto.
- Bayer-Monsanto könnte sein Datengeschäft mit Saatgut, Pflanzenmerkmalen und Agrarchemie verbinden, um eine neue Plattform zu schaffen. Durch diese könnte der Verkauf eines Produktes zum Verkauf weiterer Produkte genutzt und alle Geschäfte integriert werden. Dadurch würde Innovation verhindert und Wettbewerber verdrängt.
- Die kombinierten Datenoperationen von Bayer und Monsanto würden dem Unternehmen eine Pionier-Position im Sektor geben und eine einzigartige Möglichkeit schaffen, um Wettbewerber zu verdrängen und/oder den Markt zu lenken (für Saatgut und Pestizide ebenso wie entlang der Wertschöpfungskette von Beratungsdienstleistungen bis hin zu Verkaufskanälen). Monsantos Software begrenzt schon heute die Auswahl der Bauern und Bäuerinnen bei Hybridsaatgut und zukünftige Datenalgorithmen werden sehr wahrscheinlich nur Lösungen anbieten, die auf den eigenen Produkten basieren.
- Aktuell gibt es weder einen Rechtsrahmen auf nationaler oder EU-Ebene, um die Verwendung der durch die Agrarkonzerne gesammelten Daten zu kontrollieren, noch vereinbarte Grenzen für deren wirtschaftliche Nutzung und Handelbarkeit. Sowohl Bayer als auch Monsanto sind bereits weit fortgeschritten bei der Einführung von digitaler Landwirtschaft in Europa. Monsanto etwa bringt 2018 in 8 EU-Ländern seine digitalen Plattformen auf den Markt.
Ohne einen Rechtsrahmen zur Datensammlung und –nutzung würde die Fusion zulassen, dass Bayer-Monsanto große Mengen landwirtschaftlicher Daten sammelt, kontrolliert und wirtschaftlich nutzt.
Es gibt sehr wenig öffentliche Unterstützung für diese Fusion und eine kürzlich durchgeführte Meinungsumfrage zeigt, dass die Mehrheit der BürgerInnen will, dass die Kommission die Fusion untersagt. Der Vorschlag, die Fusion zu genehmigen, wird das Gefühl der politischen Machtlosigkeit in der Bevölkerung verstärken. Wir erwarten von der Europäischen Kommission, dass sie das öffentliche Interesse in diesem Anliegen vertritt und verteidigt.
Daher fordern wir die Europäische Kommission auf, die Bayer-Monsanto-Fusion zu untersagen, um eine weitere Konzentration des Saatgut- und Pestizidmarktes sowie die Schaffung einer dominanten Marktposition im Bereich landwirtschaftliche Daten zu verhindern.