April 2017
Der European Fund for Sustainable Development setzt wieder einmal auf die Privatwirtschaft
Wie gut, dass es die 2030 Agenda und die Nachhaltigkeitsziele der UN, die SDGs (Sustainable Development Goals) gibt. Denn wer sich darauf bezieht, kann immer mehr und neue Entwicklungsinstrumente kreieren, die viel versprechen. So jedenfalls scheint es derzeit, wenn man einen Blick auf die Aktivitäten der EU in Sachen globale nachhaltige Entwicklung wirft. Nach dem bereits stark umstrittenen EU-Nothilfe Treuhandfonds für Afrika (Emergency Trust Fund for Africa, EUTF),  beschlossen auf dem EU-Gipfel in der maltesischen Hauptstadt Valleta im November 2015, soll nun ein weiterer Fond, der European Fund for Sustainable Development (EFSD) eine nachhaltige wirtschaftliche und soziale Entwicklung in den ärmsten Ländern dieser Welt voranbringen – damit vor allem aber auch die derzeit so oft beschworenen „Fluchtursachen“ bekämpfen.
Dabei stand der EU Fonds für Afrika genau deshalb in der Kritik – unter anderem auch bei einigen EU-Parlamentariern selber. Entwicklungsgelder sollten nicht in erster Linie dafür verwendet werden, Migration einzudämmen, hatte es da noch vor kurzem geheißen. Vielmehr sollte der eigentliche Zweck der Entwicklungszusammenarbeit nicht vergessen werden – nämlich, den Ärmsten der Armen zu helfen. Zudem hatten die Europa-Abgeordneten mehr Transparenz rund um Entstehung und Management solcher Fonds gefordert. Es müsse systematisch überprüft werden, an wen und für welche Zwecke die Gelder fließen. In den Aufbau des EUTF sei das Parlament im Vorfeld nicht involviert gewesen.
„Alle haben dazu gelernt“
Beim jetzt geplanten EU Fonds für nachhaltige Entwicklung (EFSD) soll da offenbar alles etwas anders sein. Gleich drei Ausschüsse, der Ausschuss für Entwicklung, der Ausschuss für Auswärtige Angelegenheiten und der Haushaltausschuss, befassen sich damit. „Ich denke wirklich, dass es hier Unterschiede gibt und alle dazu gelernt haben“, sagt etwa Heidi Hautala, finnische EU-Abgeordnete der Grünen-Fraktion und Mitglied im Entwicklungssausschuss. Dennoch müsse auch hier sichergestellt werden, dass die geplanten Gelder „auch wirklich an die Richtigen“ gehen. Der EFSD sieht vor, über EU-Gelder und Bankgarantien Privatinvestitionen in Entwicklungsländern anzukurbeln. Dazu fordern Parlamentarier wie Hautala einen Kriterienkatalog, der sicherstellt, dass Projekte und Investitionen, die nicht nachhaltig sind und die Gefahr von Menschenrechtsverletzungen bergen, abgelehnt werden können – zum Beispiel Investitionen in fossile Brennstoffe oder die Finanzierung von großen Staudammprojekten, die zur Vertreibung und Beeinträchtigung der Lebensgrundlage der einheimischen Bevölkerung führen könnten.
Darüber hinaus fordern die EU-Abgeordneten, sicherzustellen, dass die Finanzierungen nicht in die Taschen großer Konzerne wandern, sondern vor allem die Investitionen von kleinen und mittelständischen Unternehmen ankurbeln. Und dann ist da noch das Zauberwort „Additionalität“. Demnach soll der Fonds nur solche Projekte fördern, in die sonst nicht investiert würde – etwa in risikoreichen Ländern und Sektoren, und natürlich immer in Einklang mit der 2030 Agenda der Vereinten Nationen. Auch das aber ist nicht so leicht zu überprüfen. Insgesamt wird eine hohe Transparenzpflicht der Kommission gegenüber dem Europäischen Parlament gefordert. Cécile Kyenge, italienische Abgeordnete der Fraktion der europäischen Sozialdemokraten, betont überdies, dass nicht nur das Europäische Parlament, sondern auch die Paritätische Versammlung der AKP-Staaten (Afrika-Karibik-Pazifik) und der EU regelmäßig über die Aktivitäten des EFSD informiert werden müssten.
Schwierige Frage der Transparenz
Dennoch bleibt Skepsis – etwa bei Bernd Kölmel, Abgeordneter aus der Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer und Mitglied im Haushaltsschuss, zeigen sich dennoch eher skeptisch: Die Gelder und Garantien aus dem EFSD würden ja letztlich nicht von der EU verteilt, sondern über Banken vergeben. „Das ist nicht wirklich transparent“, so Kölmel, der sich stattdessen eher auch „für mehr Direktinvestitionen“ vor allem in Afrika ausspricht. Der slowakische Abgeordnete der Europäischen Volkspartei, EVP, Eduard Kukan, wiederum unterstützt zwar die Fondsidee und auch die Forderung nach „guter Regierungsführung“ in den Empfängerländern als Voraussetzung für politisch vertretbare Finanzierungen. Aber, so Kukan, „es darf auch keine zu großen zusätzlichen Hindernisse für Privatinvestitionen geben, wenn wir bei der Entwicklung vor Ort vorankommen wollen“. Also doch schon mal ein Auge zudrücken?
In der letzten April-Woche werden die drei beteiligten Ausschüsse über das vorliegende Konzept zum EFSD abstimmen. Zum Entwurf der Kommission hatte es inzwischen immerhin 386 Änderungsanträge gegeben: beim EFSD bleibt das Thema Privatwirtschaftliches Investment als Allheilmittel für globale nachhaltige Entwicklung umstritten, so scheint es – wie schon so oft.
Monika Hoegen, entwicklungspolitische Fachjournalistin, Köln/Brüssel
www.monika-hoegen.de