Forderungen der deutschen Nichtregierungsorganisationen für ein Klimaschutzprogramm
anlässlich der 5.UN-Klimakonferenz in Bonn im Oktober 1999
Präambel
1995 hat Deutschland auf der 1. Vertragsstaatenkonferenz zur Klimarahmenkonvention in Berlin klimapolitische Zeichen gesetzt: Bundeskanzler Kohl kündigte an, Deutschland werde seine Kohlendioxidemissionen bis 2005 gegenüber dem Basisjahr 1990 um 25% reduzieren. Dieses Ziel wurde von der neuen Bundesregierung 1998 übernommen. Durch die bislang fehlende Bereitschaft sowohl der alten als auch der neuen Bundesregierung, beherzte Maßnahmen vor allem in der Energie- und Verkehrspolitik zur Erreichung des Klimaschutzzieles zu ergreifen, besteht mittlerweile die reale Gefahr, daß eine Verringerung der CO2-Emissionen um 25 % bis 2005 nicht erreicht werden wird. Die unterzeichnenden Umwelt- und Entwicklungsorganisationen legen daher – auch aus Anlaß der im Oktober/November 1999 in Bonn stattfindenden 5. UN-Klimakonferenz – folgende Forderungen für eine wirksame Klimaschutzpolitik der Bundesregierung in dieser Legislaturperiode vor.
- Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes und des Stromeinspeisegesetzes
- Einführung einer Energieaufsicht und Erlaß einer Netzzugangsverordnung.
- Einspeisevergütung für dezentrale Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen (KWK), Setzung von Mindestquoten für KWK-Strom.
- Bundesweite Umlagefinanzierung der Einspeisevergütung und Aufhebung des 5 % Deckels für erneuerbare Energien.
- Aussetzung der jährlichen Preisanpassung im Rahmen des Stromeinspeisegesetzes angesichts des Verfalls der Strompreise.
- Erlaß einer wirksamen Energieeinsparverordnung
- Niedrigenergiehaus als gesetzlicher Standard für Neubauten und Verschärfung der Vorschriften für Altbauten.
- Verbesserter Vollzug der Auflagen
- Schrittweise flächendeckende Einführung des Energiepasses für Altbauten.
- Förderprogramme für die energetische Altbausanierung gestützt durch Beratungs- und Qualifizierungsprogramme.
- Kritische Prüfung und Novellierung des Bundesverkehrswegeplans (BVWP)
- Überprüfung aller Bauvorhaben.
- Integration aller Verkehrsträger (auch Luftverkehr, jedoch ohne finanzielle Förderung) in einem klimaschutzorientierten Bundesverkehrsprogramm.
- Ökologische Ausrichtung und Berücksichtigung von Strategien zur Verkehrsvermeidung, -verlagerung, und -optimierung.
- Moratorium für alle überörtlichen, noch nicht begonnenen Bauvorhaben, inklusive Flughafenerweiterungen, bis zur Überarbeitung des BVWP.
- Reduzierung der Kosten der Schienennutzung für die Bahn und Schaffung eines verläßlichen Finanzierungsinstruments für den Betrieb des Öffentlichen Personennahverkehrs.
- Einführung einer leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe (LKW)
- Deutliche Erhöhung der Mineralölsteuer auf Benzin und Diesel um jährlich 30 Pf über eine Dauer von 10 Jahren und schrittweise Angleichung der Dieselsteuer an die Steuer auf Normalbenzin
- Einstellung der Steuerbefreiungen und Subventionen im Flugverkehr
- Aufhebung der Mineralölsteuerbefreiung auf Kerosin / Einführung emissionsabhängiger Abgaben im Flugverkehr.
- Aufhebung der Mehrwertsteuerbefreiung für grenzüberschreitende Flüge.
- Abschaffung der Subventionen für Luftfahrtgesellschaften, Flughafengesellschaften, Flughafenerweiterungen und Bodeninfrastruktur.
- Stärkere Einbeziehung der Industrie
- Abschaffung der pauschalen reduzierten Öko-Steuersätze und Rückerstattungsregelung für das produzierende Gewerbe und die Landwirtschaft. Bindung von Ermäßigungen an weitgefaßte Energieaudits.
- Weiterentwicklung der Selbstverpflichtungen der deutschen Industrie in Richtung auf verbindliche einzelbetriebliche Zielvereinbarungen, die gleichzeitig zu erhöhten branchenbezogenen Zielwerten führen. Verbesserung des Monitoring und Einführung von Sanktionsmechanismen.
- Bei Nichterreichen des Gesamtreduktionszieles durch die Industrie: Einführung ordnungsrechtlicher Maßnahmen (u.a. Wärmenutzungsverordnung).
- Ausstieg aus der Atomenergie sowie aus der ineffizienten Kohlenutzung
- Ausstieg aus der Atomenergie sowie aus der ineffizienten Kohlenutzung in Verbindung mit dem Einstieg in die Effizienzrevolution und dem Ausbau der erneuerbaren Energien. Stop aller Subventionen für Atomenergie.
- Abbau der Kohlesubventionen, mit flankierenden beschäftigungswirksamen Maßnahmen.
- Stop neuer Braunkohletagebaue (Garzweiler, Heuersdorf, Jänschwalde-Nord).
- Förderung der ökologischen Landwirtschaft und Forstwirtschaft
- Anerkennung des ökologischen Landbaus als Leitbild für die Landwirtschaft: Festlegung auf ein Ausbauziel der ökologisch bewirtschafteten Nutzfläche auf 10% bis 2005.
- Kopplung aller finanziellen Transfers an ökologische und soziale Kriterien.
- Umstellung der staatlichen Forste auf ökologische Forstwirtschaft.
- Vorlage des nächsten Berichts der “Interministeriellen Arbeitsgruppe CO2-Reduktion” (IMA) bis zum Frühjahr 2000 und Verabschiedung eines nationalen Klimaschutzprogramms zur Erreichung des 25 % -CO2-Reduktionszieles bis 2005.
Eine Dokumentation zu den klimapolitischen Forderungen der Nichtregierungsorganisationen ist beim Forum Umwelt & Entwicklung erschienen.