Forum Umwelt und Entwicklung, Swissaid, Liga für Hirtenvölker und nachhaltige Viehwirtschaft
Pressemitteilung – Sperrfrist Montag, 16. Oktober 2006!
Bonn, 16. Oktober 2006
Die genetische Vielfalt der Nutztiere ist für unsere Nahrungsmittelversorgung essentiell, aber jedes Jahr sterben 5% der Nutztierrassen aus. Kleinbäuerliche Tierhalter und Hirtenvölker können die Vielfalt erhalten, wenn ihre Rechte an den Rassen und den Weidegebieten nicht weiter geschmälert werden. Heute bringen sie ihre Forderungen auf einem internationalen Workshop vor.
Am heutigen Welternährungstag fordern Vertreter von kleinbäuerlichen Tierhaltern und Hirtenvölkern aus Afrika, Asien und Lateinamerika die Absicherung ihrer Rechte an den Genen der von ihnen gezüchteten Nutztier-Rassen.
Bei dem heute stattfindenden internationalen Workshop (s.u.) in Bonn weisen sie warnend daraufhin, dass eine Erteilung von Patenten auf Nutztier-Gene mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Monopolisierung der Rassen durch die Tierzuchtindustrie führe. Von diesen Rassen hängt jedoch ihr Lebensunterhalt und die Nahrungsmittelversorgung künftiger Generationen ab. Die Tierhalter-Gemeinschaften des Südens haben seit mehreren tausend Jahren eine breite Vielfalt von Rassen entwickelt, die an die oft schwierigen Umweltbedingungen angepasst sind. Die Gene dieser Rassen werden für die globale Tierzuchtindustrie immer interessanter. Industrielle Produktionssysteme nutzen lediglich wenige Hochleistungsrassen, und deren genetische Basis hat sich dramatisch verengt.
Ein wichtiges Ziel des Workshops ist die Vorbereitung auf eine Konferenz der Vereinten Nationen nächstes Jahr in der Schweiz. Die 190 Mitgliedsstaaten der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) werden dort über eine Strategie zur Erhaltung der tiergenetischen Ressourcen entscheiden. Die Vertreter der Tierhalter-Gemeinschaften fordern außerdem die Regierungen dazu auf, einen internationalen Vertrag auszuhandeln, der die Rechte von tierhaltenden Gemeinschaften und den freien Zugang zu tiergenetischen Ressourcen sichert. Vivekanandan von der Tierhalter-Organisation SEVA aus Tamil Nadu, Indien, bezweifelt, dass es den Tierhaltern und Hirtenvölkern des Südens ohne einen rechtlich bindenden internationalen Vertrag gelingen wird, die noch existierenden Tierrassen für künftige Generationen zu erhalten. Jacob Wanyama von Vetaid Mosambik betont, dass darüber hinaus ein internationales Verbot von Patenten auf Tier-Gene sowohl für die Erhaltung der Rassen als auch für die Armutsbekämpfung entscheidend ist.
Eine der Organisatorinnen des Workshops, Ilse Koehler-Rollefson von der Liga für Hirtenvölker und Nachhaltige Viehwirtschaft erläutert, dass Rassen-Genbanken, in denen tiefgefrorene Embryos und Samenproben lagern, die Evolution und Anpassung der Rassen an sich weiter entwickelnde Krankheitserreger und an den Klimawandel unterbinden. Sie unterstreicht, dass die dynamische Erhaltung der Nutztiervielfalt nur durch die züchterische Arbeit der lokalen Tierhalter ermöglicht werde. Die Tierhalter- Gemeinschaften als die wichtigsten Akteure bei der Erhaltung der Nutztier-Rassen müssen deshalb eine entsprechende Rolle bei der FAO-Konferenz im kommenden Jahr einnehmen.
70% der von Armut betroffenen Menschen halten Nutztiere. 640 Millionen Tierhalter sind Kleinbauern und 200 Millionen sind Hirtennomaden. Die genetische Vielfalt der Nutztiere ist für unsere Nahrungsmittelversorgung essentiell, aber jedes Jahr sterben 5% der Nutztierrassen aus. Kleinbäuerliche Tierhalter und Hirtenvölker können die Vielfalt erhalten, wenn ihre Rechte an den Rassen und den Weidegebieten nicht weiter geschmälert werden. Heute bringen sie ihre Forderungen auf einem internationalen Workshop vor.
Weitere Informationen:
Der Internationale Workshop „The Future of Animal Genetic Resources: Under Corporate Control or in the Hands of Farmers and Pastoralists?“ findet am 16. Oktober 2006 in Bonn im Haus der Evangelischen Kirche, Adenauerallee 37 statt. Am 18. Oktober wird eine Exkursion zu Arche-Höfen im Bonner Umland durchgeführt.
Die Internationale Technische Konferenz über tiergenetische Ressourcen der FAO ist für den 1. bis 7. September 2007 in Interlaken, Schweiz geplant.
(http://www.fao.org/ag/againfo/programmes/en/genetics/angrvent2007.html)
Die Liga für Hirtenvölker und Nachhaltige Viehwirtschaft ist in der Forschung, Öffentlichkeitsarbeit und in der direkten Zusammenarbeit mit tierhaltenden Gemeinschaften engagiert. (www.pastoralpeoples.org)
Das Forum Umwelt und Entwicklung ist ein Zusammenschluss deutscher Nichtregierungsorganisationen aus den Bereichen Umwelt und Entwicklung (forumue.de).
Swissaid ist die Schweizer Stiftung für Entwicklungszusammenarbeit; sie fördert die Ernährungssouveränität
von lokalen Gemeinschaften.
Der Welternährungstag wird von der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinen Nationen jedes Jahr am 16. Oktober durchgeführt, dem Tag, an dem die Organisation 1945 gegründet
wurde (http://www.fao.org/wfd/2006/whatis.asp)
Kontakte:
Freitag, 13. Oktober bis Sonntag, 15. Oktober:
Vivekanandan, SEVA, Indien: 0049 177 6691400
Jacob Wanyama, Vetaid Mosambik: 0049 177 6691400
Ilse Koehler-Rollefson, LPP: 0049 1789714925
Tina Goethe, Swissaid: 0041 765165957 (ab So: 0049 173 7890 718)
Montag 16. Oktober
Christiane Herweg, LPP: 0049 160 – 96958423