Auch 2012, zwanzig Jahre nach Rio 1992 ist der ursprüngliche Auft rag für Rio 1992 unerfüllt: »Rio soll den Übergang von einem fast ausschließlich auf die Förderung wirtschaft lichen Wachstums ausgerichteten Wirtschaft smodell zu einem Modell herbeiführen, das von den Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung ausgeht, bei dem der Schutz der Umwelt und der rationellen Bewirtschaft ung der natürlichen Ressourcen entscheidende Bedeutung zukommt«. Das war der Auft rag der UN-Generalversammlung vom 22.12.1989 für Rio. Zwanzig Jahre nach Rio ist die Bilanz enttäuschend, die Umsetzungsdefi zite des Rio-Prozesses sind eklatant.
Das neoliberale Wirtschaft smodell, das nur drei Jahre nach Rio mit der Gründung der Welthandelsorganisation (WTO) einen wichtigen Stützpfeiler erhielt, ist eines der entscheidenden Hindernisse für die Umsetzung der Rio-Agenda. Es hat die ökologische Krise drastisch verschärft und zu einer massiven Ausweitung der sozialen Ungleichgewichte geführt. Die Treibhausgasemissionen steigen nach wie vor anstatt zu sinken, der Verlustes an biologischer Vielfalt schreitet praktisch ungebremst fort. Eine Milliarde Menschen hungern – schon bei den Welternährungsgipfeln 1996 und 2002 hatten die Staats- und Regierungschefs versprochen, die Zahl von damals 840 Millionen Hungernden zu halbieren. Mit der Asienkrise 1997–98, mit der lateinamerikanischen Finanzkrise 1998–2002 und der aktuellen Wirtschaft s- und Währungskrise in Europa und Nordamerika hat dieses Wirtschaft smodell gezeigt, dass es auch ökonomisch weder stabil noch zukunft sfähig ist.
Nachhaltige Entwicklung bleibt derzeit ein uneingelöstes Versprechen. Wir fordern, dass die Politik die zentrale Herausforderung für das 21. Jahrhundert, Rahmenbedingungen für ein nachhaltiges Wirtschaft smodell zu schaff en annimmt. Bisher gemachte Zusagen und Versprechen sind jetzt einzulösen. Daran gemessen, ist die Tagesordnung für Rio unzureichend. Weder eine kritische Analyse der eklatanten Umsetzungsdefi zite des Rio-Prozesses noch daraus folgende Konsequenzen stehen auf der Tagesordnung. Stattdessen wird der off ensichtliche Versuch unternommen, mit neuen Schlagwörtern alte Verfehlungen zuzudecken. Wer eine »Green Economy in Kontext von Nachhaltiger Entwicklung und Armutsbekämpfung« will, die den heutigen Problemen tatsächlich gerecht wird, der kommt um eine Analyse der bisherigen Umsetzungsprobleme nicht herum. Dies beinhaltet unter anderem klar defi nierte Überwachungsmechanismen und Rechenschaft spfl ichten, wie sie jüngst von den 20 UN-MenschenrechtsexpertInnen für Rio+20 vorgeschlagen wurden.
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