Die Millenniums-Entwicklungsziele (MDGs) gelten weithin als der wichtigste Leitfaden zur Bekämpfung der globalen Armut. Tatsächlich enthalten die MDGs einen Kanon von wichtigen Marksteinen auf dem Weg zur Ausrottung extremer Armut, an deren Relevanz kaum jemand Zweifel hegen wird.
Betrachtet man die MDGs jedoch aus einer handelspolitischen Perspektive, überwiegt die Skepsis, ob die MDGs die von den Staats- und Regierungschefs im Jahre 2000 selbst gesteckten Ziele werden erreichen können. Der Grund dafür ist nicht etwa darin zu suchen, dass die versprochenen Mittel der Entwicklungszusammenarbeit nicht in ausreichendem Maß zur Verfügung stehen. Das Problem liegt vielmehr darin, dass die MDGs quasi den Teufel mit dem Beelzebub austreiben wollen: während MDG 8 auf den Ausbau eines offenen und nicht-diskriminierenden Handelssystems und damit weitere Liberalisierung zielt, konterkariert genau dies eine Reihe von Zielen, wie sie in den MDGs 1-7 benannt werden. So ist die Liberalisierung der Agrarmärkte nicht wirklich ein geeignetes Instrument zur Hungerbekämpfung, und Zollsenkungen im Handel mit Industriegütern kosten in vielen Entwicklungsländern Arbeitsplätze, was sie kaum als Instrument zur Armutsbekämpfung qualifiziert. Auch ein strengerer Patentschutz, wie er im TRIPS-Vertrag der WTO bereits festgehalten und von den Industrieländern in bilateralen Verhandlungsprozessen noch verschärft wird, ist als Beitrag zum Zugang der Armen zu Medikamenten und zum Kampf gegen AIDS nicht hilfreich.Fazit: Die MDGs bergen die Gefahr, einen breiten gesellschaftlichen Konsens nicht nur über die Ziele, sondern auch über die Instrumente von Armutsbekämpfung vorzutäuschen. Gerade gegenüber der staatlichen Politik deutlich zu machen, dass dieser Konsens so nicht existiert, ist Voraussetzung für politische Veränderungen, die die vielfältigen Ursachen globaler Ungerechtigkeit und Armut tatsächlich ins Visier nehmen.
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