Letzte Woche (23.-27. April) fand in New York die 3. Runde der zwischenstaatlichen Verhandlungen im Post-2015-Prozess statt: Auf der Agenda standen dieses Mal die Ziele und Unterziele sowie die Indikatoren. Zwei zentrale Fragen wurden diskutiert: (1) Wie geht man mit Unterzielen um, die noch unkonkret sind (z.B. gibt es bei einigen Unterzielen anstelle konkreter Zahlen nur x) und (2) wie politisch oder technisch kann/muss der Prozess zur Ausarbeitung der Indikatoren sein. Die Reden aller Staaten/ VerhandlerInnen/ Gruppen finden sich hier.
(1) Wenige Tage vor Beginn der Sitzung wurde von den Co-Vorsitzenden ein Dokument zirkuliert, in dem Textveränderungen an 19 Unterzielen vorgeschlagen wurden. Die Veränderungsvorschläge sind dabei sehr unterschiedlicher Natur. Teilweise zielen sie darauf ab, die Unterziele an bestehende Konventionen anzupassen, oder um weitere Aspekte zu erweitern. Einige Vorschläge verändern das Zieljahr, andere ersetzen bestehende x-Platzhalter durch Allgemeinplätze. Kontrovers sind diese Vorschläge insbesondere deshalb, weil unterschiedliche Meinungen darüber vorherrschen, ob der OWG-Zielvorschlag überhaupt verändert werden sollte. Die G77 beispielsweise hält weiterhin daran fest, den OWG-Text unverändert zu übernehmen. Auch sind die Veränderungsvorschläge an sich umstritten. Für eine Reihe von Unterzielen zu „SDG 15 Schutz und nachhaltige Nutzung von Ökosystemen“ würden durch die Vorschläge beispielsweise die Zieljahre von 2020 auf 2030 verlängert. Ursprünglich war das Jahr 2020 ausgewählt worden, da sich die meisten Ziele auf den Strategischen Plan der Convention on Biodiversity Die Überarbeitungsvorschläge verlängern den Zeitraum unter dem Hinweis, dass die Unterziele über den Fokus des Strategischen Plans hinausgingen. Da die kurzfristige Verschickung des Dokument, ihr unklarer Ursprung sowie die Auswahl der Unterziele zu großem Unmut bei vielen Staaten geführt hatte, wurde das Dokument zunächst von den Co-Chairs zurückgezogen. Derzeit wird besprochen, ob es eine Überarbeitung der Veränderungsvorschläge geben soll.
(2) Die Diskussion um die Indikatoren konzentrierte sich in erster Linie auf die Frage, wer genau an ihrer Erarbeitung beteiligt sein sollte. Brisant ist diese Frage insbesondere auch deshalb, weil die Indikatoren die Ausrichtung, Tiefe und Verbindlichkeit der SDGs maßgeblich beeinflussen können. Aus der Perspektive der UN Statistical Commission (UNSC) ist dies eine Aufgabe der Nationalen Statistikbüros. Zwei Gruppen sollen zur Erarbeitung der Indikatoren ins Leben gerufen werden: 1) eine Interagency and Expert Group on SDG Indicators (IEAG-SDG) und eine High Level Group (HLG). Die IEAG-SDG wird sich das erste Mal im Mai 2015 treffen, ein überarbeiteten Indikatorenentwurf kann soll im Juli 2015 vorgelegt werden. Laut Zeitplan der UNSC könnten die Indikatoren bis März 2016 fertiggestellt werden. Uneinigkeit herrscht unten den Staaten darüber, ob die Erstellung von Indikatoren nur von technischen Experten oder unter Beteiligung einer zwischenstaatlichen Gruppe erstellt werden sollen. Zivilgesellschaftliche VertreterInnen plädierten ebenfalls für einen partizipativen Prozess. Dieser ist bisher nicht angedacht, soll aber als Resultat aus den Verhandlungen der letzten Woche an die UNSC herangetragen werden. Kontrovers diskutiert wurde auch  der Zeitplan für die Erstellung von Indikatoren bis März 2016. Im Zweifelsfall bedeutet dies, dass die Staaten im September 2015 eine unvollständige Agenda beschließen.
BeobachterInnen wiesen darauf hin, dass sich das Klima der Verhandlungen im Gegenzug zu den beiden vorangegangenen Sitzungen deutlich verändert hat. Fronten seien viel klarer zutage getreten. Zentrale Aspekte sind dabei nicht nur die Veränderung des OWG-Textes oder die Indikatoren. Weitere Diskussionen bahnen sich an bezüglich der Frage, inwiefern alle Ziele von allen Staaten umgesetzt werden müssen oder ob eine Auswahl und Prioritätensetzung erlaubt werden kann. Auch bleibt die Frage offen, wie für wissenschaftlich schwer messbare Zielen (z.B. Menschenrechte, Frieden und Demokratie) passende Indikatoren geschaffen werden können, ohne die Unterziele abzuschwächen. Und schließlich bleibt die Umsetzung der Ziele Uneinigkeit herrscht insbesondere darüber, ob Umsetzungsmechanismen in erster Linie im Addis Abeba Financing for Development-Prozess verhandelt werden sollen oder als Teil der Post-2015-Zwischenstaatlichen Verhandlungen. Beschlossen wurde, dass im April beide Verhandlungsstränge eine gemeinsame Sitzung abhalten werden.
Für eine tiefergehende Auseinandersetzung mit den Verhandlungen der vergangen Woche empfiehlt sich die wie immer hervorragende Sitzungszusammenfassung des IISD sowie die Zusammenfassung von Beyond2015.
Von Marie-Luise Abshagen