Die WTO in der Krise – für viele Aktivistinnen und Aktivisten eine eher beruhigende Nachricht. Diese Krise ist anhand der nunmehr seit einem halben Jahr vorwiegend durch Stillstand gekennzeichneten Verhandlungen über die sogenannte DohaEntwicklungsrunde manifest geworden. Allerdings scheint diese Krise auch dazu geführt zu haben, dass viele nun denken, da passiert nichts mehr. Das Thema Handelspolitik scheint jedenfalls auf der Prioritätenliste der Aktivitäten deutscher, aber auch internationaler NRO, ziemlich rasch auf die hinteren Plätze abzusacken. Die vorliegende Ausgabe des Rundbriefs versucht allerdings deutlich zu machen, dass dies ein Trugschluss ist. Weitgehend unbemerkt von der deutschen Presse (auch das gibt zu denken) hat die WTO Ende November wieder politische Fakten geschaffen. Der Schiedsspruch des WTO-Streitschlichtungsmechanismus gegen die EU-Gentechnik-Gesetzgebung wurde nämlich rechtskräftig, weil die EU beschlossen hat, keinen Einspruch einzulegen und die Einspruchsfrist sang- und klanglos verstreichen zu lassen. Die seit Jahren diskutierte Notwendigkeit, die Widersprüche im internationalen Umwelt- und Handelsrecht aufzulösen, wird somit von der WTO konterkariert, indem sie einseitig Fakten schafft. Der WTO-Schiedsspruch erklärte mit einem Federstrich das Vorsorgeprinzip für nichtig, das allerdings genau eines der Grundkomponenten des Biosafety-Protokolls ist. Mit potenziell weitreichenden Auswirkungen, wie Jürgen Knirsch in seinem Beitrag in diesem Rundbrief erläutert. Aber auch die veränderte Handelsagenda der EU hat es in sich. Seit die WTO-Verhandlungen immer weiter in die Krise geschlittert sind, setzt die EU-Kommission verstärkt auf bilaterale und regionale Handelsabkommen. Durchaus keine unproblematische Angelegenheit – lesen Sie mehr in den Beiträgen von Peter Fuchs, Michael Frein und Theo Kneifel. Auch das zentrale Thema der deutschen G8-Präsidentschaft, geistige Eigentumsrechte, rückt zunehmend ins Zentrum der handelspolitischen Kontroversen – mehr in den Beiträgen von Klaus Liebig, Mute Schimpf und Oliver Moldenhauer. Eine Vorschau auf zentrale Aktivitätsfelder des Forums Umwelt & Entwicklung im kommenden Jahr sind die Beiträge von Regine Günther zu G8 und von Susanne Gura und Monika Brinkmöller zur Biodiversität. Die vielfältigen deutschen Präsidentschaften im Jahr 2007 und 2008 – von der EU über die G8 bis zur Vertragsstaatenkonferenz der Biodiversitätskonvention – sind auch für deutschen NRO und das Forum Umwelt & Entwicklung eine echte Herausforderung. Wer mitmachen will, ist herzlich willkommen… Eine interessante Lektüre wünscht
Jürgen Maier
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