Als »Grünes Gold« wurde die Biologische Vielfalt während der Rio-Konferenz 1992 bezeichnet, mit anderen Worten: als ein Rohstoff, den es auszubeuten gilt. Allerdings sollte dies verbunden werden mit dem Gedanken des Schutzes der biologischen Vielfalt, eben der »nachhaltigen Nutzung«. Um genau dies sicherzustellen, wurde in Rio die »Konvention zum Schutz der Biologischen Vielfalt« verabschiedet, im englischen abgekürzt mit CBD. Schon damals gab es heftige Kontroversen, auch innerhalb der Nichtregierungsorganisationen, bis hin zu grundsätzlicher Gegnerschaft gegen die Vorstellung, biologische Vielfalt vom universellen »Erbe der Menschheit« zu einem bloßen Wirtschaftsobjekt zu degradieren, das ein Nationalstaat »besitzen« kann. Auf der anderen Seite lehnten die USA es prinzipiell ab, überhaupt einem internationalen Vertrag beizutreten, der die wirtschaftliche Nutzung biologischer Vielfalt reguliert und damit einschränkt. Diese Konflikte haben heute etwas weniger grundsätzlichen Charakter, aber nach wie vor ist Schutz und Nutzung der biologischen Vielfalt ein Schauplatz intensiver Konflikte zwischen Industrieländern und Entwicklungsländern, zwischen Industrie und Regierungen, zwischen Regierungen und Nichtregierungsorganisationen. War die CBD noch als Rahmenabkommen eher unkonkret geblieben, wie denn die genaue Regulierung der Nutzung biologischer Vielfalt aussieht, werden mit ihrem Biosafety-Protokoll über den Umgang mit genmanipulierten Organismen erstmals konkrete Rechte und eben auch Pflichten völkerrechtlich verankert. Just am 11.September diesen Jahres trat dieses Biosafetyprotokoll nun in Kraft, heftig bekämpft von der Gentechniklobby und den USA, und vermutlich das erste Umweltabkommen, das direkt in einen Konflikt mit den WTO-Handelsregeln treten wird. Aber es geht nicht nur um genmanipulierte Organismen. Die konkrete Verteilung der wirtschaftlichen Vorteile aus der Nutzung biologischer Vielfalt, nämlich vor allem auch der nicht genmanipulierten biologischen Vielfalt, konnte dagegen bisher in der CBD nicht verbindlich geregelt werden. Zu gross waren die Widerstände dagegen, auch im in Deutschland federführenden Umweltministerium, aus unverbindlichen »Bonner Richtlinien über den Zugang und den Vorteilsausgleich« ein rechtsverbindliches Instrument zu machen, das man notfalls auch durchsetzen kann. Eine der wenigen konkreten Erfolge des JohannesburgGipfels war es, dass die Vertragsstaaten aufgefordert wurden, genau diese Rechtsverbindlichkeit nun herzustellen. Ein weiteres rechtsverbindliches Instrument, der internationale Saatgutvertrag, steht ebenfalls kurz vor seiner Inkraftsetzung. Mehr als 10 Jahre wurde darüber gerungen, so mancher wichtige Paragraph ging dabei über Bord. Dennoch ist dieser Vertrag ein wichtiges Instrument, um die schwierige Balance zwischen den Interessen der Pflanzenzüchter und den Rechten der Bauern herzustellen, und damit eine Schranke gegen den massiven Druck der Saatgutindustrie, aus biologischer Vielfalt und genetischen Ressourcen soviel Geld wie möglich zu machen. Auch zu anderen aktuellen Themen rund um die biologische Vielfalt informiert Sie der Schwerpunktteil des vorliegenden Rundbriefs. Weitere aktuelle Themen sind der Vorbereitungsprozess auf die Erneuerbare-Energien-Konferenz in Bonn im kommenden Juni sowie die Handels-Verhandlungen nach dem gescheiterten WTO-Gipfel von Cancun. Ich wünsche Ihnen anregende Lektüre.
Jürgen Maier
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