Dieses Heft des Rundbriefs dreht sich um den Wald. Der Schutz der Wälder ist wohl der größte Misserfolg des ganzen Rio-Prozesses. Die für den Erdgipfel in Rio 1992 einmal geplante Waldkonvention scheiterte bereits im Ansatz – übrig blieb in Rio eine ebenso unverbindliche wie folgenlose Wald-Erklärung, an die sich heute niemand mehr erinnert. Es folgten jahrelange Sitzungen von Gremien bei denen nichts herauskam – die Meetings waren irgendwann so unwichtig, dass auch keine NGO-Vertreter mehr Zeit und Geld mit ihnen verschwendeten.
Dass Wälder nun in der Klima- und Biodiversitätskonvention eine wichtigere Rolle spielen sollen, stimmt daher viele von jahrelangen Misserfolgen frustrierte Waldschützer gedämpft optimistisch. Immerhin zeichnen sich am Horizont ordentliche Summen Geld ab – fragt sich allerdings nur, ob mit ihnen wirklich Urwälder und Naturwälder besser geschützt werden. REDD heißt jedenfalls das kryptische Kürzel im Verhandlungsjargon, unter dem dies derzeit diskutiert wird, so auch in diesem Heft. Allerdings droht den Wäldern auch neuer Nutzungsdruck unter den Vorzeichen der Klimadiskussion. Biomasse ist inzwischen ein gefragter Rohstoff, und das ist immer noch überwiegend Holz. Holznutzung per se ist aber noch lange keine ökologische Großtat, Raubbau am Holz schadet nicht nur der Biodiversität sondern auch dem Klima.
Auch auf diesen neuen Nutzungsdruck auf die Wälder, in Deutschland wie international, gehen die Beiträge dieses Heftes ein – und setzen sich mit einigen der allzu simplen Behauptungen der Holznutzerlobbys auseinander, mit denen wir derzeit konfrontiert werden. Auch das Spannungsfeld zwischen Wald- und Naturschutz und den Rechten der im und vom Wald lebenden, meist indigenen Bevölkerungen ist Thema dieses Heftes. Dabei handelt es sich um eine der zentralen Fragen, die im Rahmen der Biodiversitätskonvention zu lösen sind. Einen Ausgleich zwischen den verschiedenen Nutzungs- und Schutzinteressen zu fi nden, ist schon schwierig genug – für die Zivilgesellschaft genauso wie für Regierungen. Die Umsetzung einmal gefundener Vereinbarungen und Regelungen muss dann aber auch glaubwürdig durchgesetzt und überprüft werden können. Mit der Bekämpfung des illegalen Holzhandels, aber auch der Zertifi zierung von (mehr oder weniger) nachhaltig produzierten Biomasseerzeugnissen beschäftigen sich weitere Artikel dieses Heftes.
Eine solidarische und sachliche Interessenabwägung und einen Ausgleich widerstreitender, gleichwohl legitimer Interessen herzustellen ist für NGOs vielleicht eine größere Herausforderung als eine Konfl iktsituation, wo Gut und Böse klar zu unterscheiden sind. Wer diese Herausforderung nicht annimmt und nur seine eigene Position gelten lässt, wird jedoch scheitern. Auch NGOs haben die Wahrheit nicht gepachtet, sondern müssen mit den Interessengegensätzen in den eigenen Reihen konstruktiv umgehen. Das Spannungsfeld Klimaschutz – Schutz und Nutzung von Biomasse und von Ökosystemen – Menschen- und Entwicklungsrechte lokaler und indigener Bevölkerungen zeigt dies wie kaum ein anderes.
Jürgen Maier
Download